Gib mir Stoff: Materialien für den Winter

Wer im Winter beim Training den Temperaturen, Regen und Schnee trotzen will, braucht vor allem die richtige Ausrüstung im Kleiderschrank. Wir erklären dir, worauf es ankommt und welche Teile ihre Stärken bei ungemütlichen Bedingungen am besten ausspielen.

Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung.“ Der Spruch ist ziemlich abgedroschen, aber es ist viel Wahres dran. Es gibt sie durchaus, diese traumhaften Wintertage wie aus dem Märchen. Doch nasskaltes Wetter, womöglich in Kombination mit Wind, ist eher an der ­Tagesordnung. Von November bis März sollten hierzulande bei der Wahl der Bekleidung kluge Entscheidungen getroffen ­werden. Dank verschiedener moderner Technologien und Materialien muss man weder frieren noch auf das Outdoortraining verzichten. „Im Winter gibt es nichts Schlimmeres, als zu warm angezogen zu sein“, sagt ­Bernhard ­Plainer von Castelli. Das Problem: „Man schwitzt mehr, sodass die Gefahr des Auskühlens bei einer Pause hoch ist“, so ­Plainer. Es müssen also die richtigen Teile aus dem richtigen Material her. Das Zauberwort heißt hier „Layering“, also der gute alte Zwiebellook. „Viele wünschen sich eine Jacke, die ­alles kann, die wasser- und winddicht ist, dabei gleichzeitig atmungsaktiv und wärmend. Das kann nicht funktionieren“, sagt Markus ­Konrad, Head of Product bei Ryzon. Er setzt deshalb auf Layering, bei dem jede Schicht ihre Funktion erfüllt. Wie viele davon nötig sind und wie viel Wärmeleistung notwendig ist, hängt in erster Linie vom Einsatzzweck ab. Beim Laufen kannst du dich einer einfachen Faustregel bedienen und zur Außentemperatur zehn Grad Celsius addieren. Daran orientierst du dich nun bei deiner Kleidungswahl. Beispiel: Bei fünf Grad „echter“ Temperatur überlegst du dir, wie du dich bei 15 Grad und gleicher Witterung anziehen würdest, wenn du einen Spaziergang machst. Auf dem Rad funktioniert diese Regel nicht, denn hier haben Wind und Regen einen deutlich größeren Einfluss auf das Kälteempfinden. 

Must-Haves im Winter

Das wichtigste Teil des Winteroutfits ist ein gutes Unterhemd, da sind sich Markus Konrad und Bernhard Plainer einig. Es muss körpernah sitzen und sorgt mit Kunstfasern wie Polyester oder Polyamid dafür, dass der Schweiß gar nicht erst auf der Haut bleibt. „Wichtig ist, mit etwas Grobstukturiertem auf der Haut anzufangen“, rät Konrad. Eine mittlere Schicht könne den Schweiß schließlich noch weiter nach außen transportieren oder zusätzlich Wärme spenden. Die äußere Schicht stellt schließlich den Wetterschutz dar. „Eine gute Jacke ist ein Must-have im Winter. Sie sollte vor Wind schützen und leichten Regen oder Schneefall abhalten“, sagt Plainer. Komplett wasserdicht muss eine Winterjacke nicht unbedingt sein. Newline verzichtet bei seiner Rad- und Laufbekleidung sogar bewusst auf eine Membran und setzt dafür auf eine Imprägnierung für ein wasserabweisendes Finish. Dieses kann durch Einwaschen oder Einsprühen nach einiger Zeit aufgefrischt werden. „Der Fokus unserer Produkte liegt neben dem Witterungsschutz auf Komfort“, sagt Florian Wipfler von Newline. So könne man möglichst vielen Sportlerinnen und Sportlern den Einstieg ins Laufen oder Radfahren mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis ermöglichen. Für eine gute und sinnvolle Winterausrüstung benötigst du nur wenige Teile mit hoher Funktionalität. Mit diesen Investitionen wirst du lange Freude haben und kannst das ganze Jahr die Vorzüge des Outdoor­trainings nutzen.

Softshell

Softshell wird als Oberstoff in ­Jacken, Hosen sowie Überschuhen verwendet. Das Material ist extrem strapazierfähig, bietet einen hohen Windschutz und ist zudem wasserabweisend. Kleidungsstücke mit Softshell-Obermaterial halten bei Kälte garantiert warm. Verstärkt wird der Effekt durch eine ­dickere Stoffqualität oder durch ein zusätzlich angerautes Innenfutter.

Vor- und Nachteile
Die Vorteile von Softshell liegen im ­hohen Wetterschutz. Wind und (Spritz-)Wasser können dem Material nur ­wenig anhaben, zudem ist es sehr robust und langlebig. Ein wenig Punktabzug gibt es höchstens beim Tragekomfort, denn Softshell ist kaum dehnbar. Ein entsprechendes Kleidungsstück kann also gern eine Nummer größer gekauft werden.

Temperaturbereich: unter 10 Grad Celsius

Merinowolle

Einen Großteil der Population ­Australiens macht das Merinoschaf aus, von dem die Merinowolle stammt. Das Material hat zahlreiche ­Eigenschaften, die es zum optimalen Stoff für Kleidung machen. Die Temperaturregulierung funktioniert sowohl bei Kälte als auch bei Wärme. Zudem ist die Wolle antibakteriell und die ­Kleidungsstücke somit weitgehend geruchsneutral. Merino eignet sich insbesondere zur Verwendung in Baselayern und Wintersocken.

Vor- und Nachteile
Geringe Geruchsbildung, isolierend und dadurch wärmend bei Kälte, kühlend bei Hitze, pflegeleicht sowie ein hoher Tragekomfort ohne ­Kratzen – das sind die Vorteile von Merinowolle. Teile aus diesem Material gehören also in ­jeden Kleiderschrank. Ein Nachteil ist die Aufnahme von Feuchtigkeit. Wer viel schwitzt, ­sollte ­einen Merino-Baselayer nur bei lockeren Einheiten tragen.

Temperaturbereich: alle

Fleece

Kuschelig, weich, wärmend: Fleece ist prädestiniert für die Verwendung bei Winter­bekleidung. Ihre Stärken spielt die Kunstfaser als Midlayer aus, wenn aufgrund niedriger Temperaturen zusätzliche Wärme notwendig ist. Als äußerste Schicht eignet sich Fleece nur bei trockenen Bedingungen, denn es hat nahezu keinen Wind- und Nässeschutz.

Vor- und Nachteile
Weiches Fleece punktet in erster Linie durch hohen Tragekomfort. Direkt auf der Haut fühlt es sich weich an, mit ­einer weiteren Schicht darunter ist die Wärme­leistung extra hoch. Ein Nachteil ist, dass sich Fleece nur bedingt als Außenschicht eignet – wenn überhaupt, dann beim Laufen. Wind gelangt leicht durch das ­Material hindurch und auch Feuchtigkeit wird schnell aufgenommen.

Temperaturbereich: -5 bis 10 Grad Celsius

Neopren

Teile aus diesem gummiartigen Material gehören für Triathleten zur Grundausstattung. Neopren hat auch im ­Winter seine Daseinsberechtigung. Die Wärmeisolation kann vor allem in Überschuhen beim Radfahren sowie in Handschuhen bei sehr kälteempfindlichen Fingern punkten. Mit Nässe von außen dürfte man in Neopren ebenfalls keine Probleme bekommen.

Vor- und Nachteile
Von Neopren profitieren insbesondere frierende Füße. Luft, Wind und Nässe werden nämlich garantiert abgewehrt, was als Wärmeschutz schon ausreichen kann. Ein Nachteil ergibt sich bei ­hohen Intensitäten sowie starkem Schwitzen: Entstehende Feuchtigkeit kann bei Neopren nicht nach ­außen entweichen.

Temperaturbereich: unter 10 Grad Celsius

Membran

Der Markenname „Gore-Tex“ hat sich mittlerweile so etabliert, dass er unmittelbar mit wasserdichten Kleidungsstücken in Verbindung gebracht wird. Die Wasserdichtigkeit soll dauerhaft gewährleistet sein. Obwohl das Material absolut winddicht ist, ­besteht eine hohe Atmungsaktivität. Dies hängt in erster ­Linie davon ab, ob die Membran ohne oder mit ­einer ­Außenschicht für eine höhere Strapazierfähigkeit verarbeitet wurde.

Vor- und Nachteile
Wenn es richtig nass und ungemütlich ist, wird der Vorteil einer Membran deutlich. Absolute Wind- und Wasserdichtigkeit, und das dauerhaft, sind hier die überzeugenden Argumente. Die Atmungsaktivität ist dennoch gegeben, allerdings nur dann ohne Abstriche, wenn auf einen Außenstoff verzichtet wird. Einen echten Nachteil hat eine Membran nicht, sie ist in ­Winterbekleidung allerdings nicht zwingend notwendig.

Temperaturbereich: alle, bei Nässe

Windstopper

Das bekannteste Windstopper-­Material stammt ebenfalls von Gore und heißt „­Gore-Tex Infinium Windstopper“. Der Name ist hier Programm. Das Material ist komplett winddicht, dabei jedoch atmungs­aktiv. Zudem ist es so wasserabweisend, dass leichter Regen oder ein kurzer Schauer kein Problem ist. Wer nicht gerade plant, das Radtraining im Dauerregen zu absolvieren, wird mit diesem Schutz bereits sehr glücklich werden. Für das Laufen gilt dies umso mehr.

Vor- und Nachteile
Windschutz ist im Winter entscheidend, um das Auskühlen durch den Windchill-­Effekt zu verhindern. Dieser ist auf dem Rad noch stärker als beim Laufen zu ­spüren. Ein ­guter Windschutz einer Jacke sorgt dafür, dass man nicht friert, obwohl auf ­zusätzliche Wärmeisolation verzichtet wird. Der einzige mögliche Nachteil ist, dass das Material nur bis zu einem Punkt ­Nässe standhält.

Temperaturbereich: 0 bis 15 Grad Celsius

Isolation

Wenn die Temperaturen deutlich ­unter den Gefrierpunkt fallen, kann zusätz­liche Isolation notwendig sein. In ­Jacken und Westen wird hierfür gern das sogenannte Primaloft-­Material verwendet, eine Kunstdaune. ­Diese wird beispielsweise aus recycelten PET-Flaschen hergestellt. Die Fasern sind extrem dünn und bilden kleine Luftkammern, wodurch sich die wärmenden Eigenschaften entfalten.

Vor- und Nachteile
Dieses Material hat im Vergleich zu herkömmlichen Daunen den offensichtlichen Vorteil, dass es ohne ­Tierquälerei auskommt. Doch auch im Hinblick auf Funktionalität hat ­Primaloft die Nase vorn. Es ist pflegeleicht und verliert seine Wärmeleistung nicht, wenn es nass wird.

Temperaturbereich: -5 bis 5 Grad Celsius

Baselayer

Es klingt banal, ist aber wahr: Die ­erste Schicht auf der Haut ist für ein opti­males ­Klimamanagement die ­wichtigste. Die Auf­gabe eines Baselayers ist es, Feuchtigkeit möglichst schnell vom ­Körper weg in die äußeren Schichten zu leiten. Die Anforderungen an das Mate­rial sind also klar: Es muss höchst atmungsaktiv sein und schnell trocknen. Kunstfasern wie ­Polyester oder Polypropylen bringen diese ­Eigenschaften mit.

Vor- und Nachteile
Nachteile gibt es bei einem ­Baselayer nur dann, wenn er aus einem ungeeigneten Material besteht. Baumwolle ist ebenso wie reine Merinowolle tabu, wenn man schnell und viel schwitzt. Das Unterhemd ­würde sich ­vollsaugen und könnte die Feuchtigkeit nicht schnell ­genug abtransportieren. Wenn Letzteres aber funktioniert, macht der Base­layer unzählige weitere Schichten obsolet.

Temperaturbereich: alle

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