Alles, was zählt: Darauf kommt es in der finalen Wettkampfvorbereitung an

Es geht auf die Zielgerade zum ­Saisonhighlight. Die letzten ­Wochen der Vorbereitung sind angebrochen und damit eine durchaus kritische Phase. Jetzt sollte nichts mehr schiefgehen. Verrückt machen musst du dich nicht, es geht lediglich ­darum, vermeidbare Fehler zu umgehen, die eine ­optimale Wettkampfleistung in Gefahr bringen könnten. Wir konzentrieren uns im Folgenden auf vier Bereiche: Training, Ernährung, Equipment und Erholung. All das war und ist Teil der Wettkampfvorbereitung und zahlt auf die Gesamtperformance ein. Dementsprechend können gravierende Fehltritte kurz vor dem großen Tag diesen auch gefährden. Viele der aufgeführten Tipps sind für dich vielleicht selbstverständlich, durch die Nervosität vor dem Wettkampf gerät manches jedoch leicht in Vergessenheit und es schadet nie, sich vor Augen zu führen, worauf es jetzt ankommt.

Equipment – sitzt alles?

„Wenn man beim Equipment vier ­Wochen vor dem Wettkampf noch etwas ändert, hat man den richtigen Zeitpunkt vorher verpasst und einen Fehler gemacht.“ Diese deutlichen Worte findet Coach Björn Geesmann, wenn es um die Ausrüstung geht. Die sollte festgelegt sein und sich bestenfalls komfortabel anfühlen. Ein neues Laufschuhmodell ausprobieren oder einen neuen Sattel, die Cleats der Radschuhe verstellen oder den Einteiler kurz vor dem Wettkampf kaufen – das alles darf nicht passieren. Das Einzige, was noch gewechselt werden kann, und womöglich auch sollte, sind die Reifen. Sie müssen eingefahren sein und sollten daher nicht erst am Tag des Check-ins aufgezogen werden. Teste dein Race-Set-up regelmäßig mit allem, was dazugehört: Rad in Aero-Position, Wettkampfhelm, Einteiler, Trinksystem. Bei Letzterem geht es auch um logistische Aspekte – du solltest wissen, wo du deine Verpflegung verstauen und wie du beim Fahren darauf zugreifen kannst. Teste dein Equipment möglichst bei längeren Einheiten, denn da merkst du am deutlichsten, ob alles so ist, wie es sein soll.

Training – Aktivierung und Erholung

Mehrere Monate der Vorbereitung liegen hinter dir. Die verbleibenden vier Wochen bis zum Wettkampf sind davon nur ein Bruchteil, jedoch enorm wichtig. „Man muss sich schon viel Mühe geben, um gutes Training in den letzten vier Wochen vor dem Wettkampf kaputt zu ­machen“, sagt Coach Björn ­Geesmann. Gleichzeitig sei eine schlechte Vorbereitung jetzt auch nicht mehr zu retten. Der Trainingsumfang wird bald merklich reduziert und die Erholung steht im Vordergrund. In Woche vier und drei vor dem Wettkampf können noch volle Umfänge realisiert werden. ­„Danach ist das Training abhängig von der Regenerationszeit“, erklärt Geesmann. „Bei Agegroupern ist davon durch die Alltagsbelastungen meist wenig vorhanden, deshalb würde ich eine Taperingphase von zehn bis 14 Tagen empfehlen“, ­erklärt Geesmann. Während des Taperings werden die Trainings­umfänge reduziert, die Intensität jedoch weitgehend bei­behalten. Es geht um ein ausgewogenes Verhältnis aus Aktivierung und Regeneration. Genau dabei kannst du in die Falle ­tappen, weil du von den zurück­liegenden Monaten schließlich deutlich mehr Training gewohnt bist. „Energetisch fordernde Einheiten sollten in der ­Taperingphase auf jeden Fall vermieden werden. Insbesondere beim Laufen muss für Entlastung gesorgt werden, denn hier kommt zum hohen Energieverbrauch die mechanische Belastung dazu“, so der Coach. Wenn die Vorbereitung nicht optimal gelaufen ist, beispielsweise durch einen leichten Infekt, kann das Tapering etwas kürzer gestaltet werden. „Die eine oder andere Schlüsseleinheit kann man nachholen, allerdings unbedingt in abgespeckter Form. Eine Woche vor dem Hauptwettkampf werden nicht vier, sondern nur zwei Stunden Rad gefahren und der eineinhalbstündige Koppellauf wird auf maximal eine Stunde gekürzt“, rät Geesmann. Du kannst auf deine Leistungen vertrauen und solltest dich nicht dazu verleiten lassen, zu viel zu wollen. „Hohe Trainingsreize bringen kurz vor dem Wettkampf gar nichts, da der gewünschte ­Effekt nicht mehr rechtzeitig eintreten kann“, sagt der Coach. Gleichzeitig gilt: Tapering heißt nicht, herumzulungern. Bleibe in Bewegung. Aber mache nichts, was du nicht schon einmal gemacht hast oder was zu viel wertvolle Energie verschwendet.

Regeneration – sportliche Körperpflege

Die Überschrift „Körperpflege“ könnte etwas irritierend sein. Gemeint ist damit alles, was du dir jetzt noch Gutes tun kannst – es geht darum, den Körper race-ready zu machen. Ob das ein bestimmter Haarschnitt oder das Rasieren der Beine ist: Alles, was dir guttut, solltest du jetzt in Angriff nehmen und dir viel Zeit zur Erholung gönnen. Besondere Aufmerksamkeit solltest du dabei deinen Füßen schenken, denn sie tragen dich die meiste Zeit durch den Wettkampf. Auf blaue Zehennägel kannst du sicherlich verzichten, deshalb solltest du sie entsprechend auf die richtige Länge bringen. Alles, womit du noch keine Erfahrungen gemacht hast, solltest du sein lassen. Eine intensive Massage, Behandlungen beim Osteopathen oder Chiropraktiker sind generell eine gute Sache, können kurz vor dem Wettkampf jedoch ungewünschte Reaktionen wie Muskelkater hervorrufen. Gehe daher lieber zum Physiotherapeuten deines Vertrauens, der dich und deine „Baustellen“ kennt.

Ernährung – auftanken und aufpassen

Fehler im Bereich der Ernährung können im Alltag oder im Training passieren. Hier gilt ebenfalls der Grundsatz, nichts mehr zu tun, was man nicht kennt oder was irgendeine Art des ­Risikos birgt. Eine Verstimmung des Magen-Darm-Trakts will wenige ­Wochen vor dem Hauptwettkampf wirklich niemand mehr haben und eine solche kann tatsächlich dazu führen, dass du im Rennen deine Leistung nicht abrufen kannst. In Bezug auf das Training hat Björn Geesmann eine Regel parat: „Keine kohlenhydrat­reduzierten Einheiten mehr machen!“ Einerseits deshalb, weil diese dem Energiehaushalt nicht zuträglich sind, andererseits, und das ist noch wichtiger, weil sie den beabsichtigten Effekt gar nicht mehr entfalten können. „Mit kohlenhydratreduziertem Training soll der Fettstoffwechsel verbessert werden. Der benötigt zur Anpassung aber viel mehr Zeit, als noch bis zum Wettkampf bleibt“, erklärt der Coach. Während deiner Trainingseinheiten solltest du dich stets gut verpflegen und dabei häufig auf deine geplante Ernährungsstrategie für den Wettkampf setzen. Dies nicht, zu ­selten oder nicht in den entsprechenden Mengen zu tun, wäre ungünstig, denn im Rennen kannst du dann eine böse Überraschung erleben. In deinem Alltag ­neben dem Training gilt es ebenfalls, auf die Ernährung zu achten und diese an die Taperingphase, genauer gesagt den geringeren Trainingsumfang, anzupassen. Um es ganz deutlich zu sagen: Provoziere ­keine Gewichtszunahme. „Extremes Carbo­loading ist nicht notwendig“, sagt ­Geesmann. „Es reicht, die Ver­teilung der Makro­nährstoffe innerhalb einer ausgewogenen Ernährung zugunsten der ­Kohlenhydrate zu verschieben.“ ­Natürlich musst du dir nichts verbieten. Wenn du die Hauptmahlzeiten sinnvoll gestaltet hast, sind auch ­Süßigkeiten als gelegent­licher Snack kein Problem, wenn du das Verlangen danach hast. Auf Alkohol sollte dagegen spätestens in der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung verzichtet werden. Er behindert die Regeneration massiv, selbst wenn man das vielleicht nicht sofort merkt. Achte darauf, dass du mit viel Wasser oder ungesüßtem Tee für einen ausgeglichenen Flüssigkeitshaushalt sorgst und deine Routinen für den Wettkampftag verinnerlichst. Probiere aus, was du am Vorabend sowie zum Frühstück gut verträgst, und teste diese Mahlzeiten mehrfach. Je mehr Unbekannte du vor dem Wettkampf eliminieren kannst, desto besser ist es für deine Perfor­mance und das Selbstvertrauen.

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