Athletik: Das Pflichtprogramm für Triathleten

Triathlon ist nicht nur Schwimmen, Rad­fahren und Laufen. Triathlon ist auch Kraft, Flexibilität und Koordination.

Intro der Athletikeinheiten von power & pace auf YouTube

Das sind die einleitenden Worte zu den Athletikeinheiten auf unserem YouTube-Kanal „power & pace“. Wir müssen also auch Rumpfstabi machen? Und wieso heißt Rumpfstabi jetzt eigentlich Athletiktraining? Ist das wieder nur so ein neumodischer Begriff? Wenn du regelmäßig an unserem Athletiktraining teilnimmst, ist dir sicherlich aufgefallen, wie vielfältig die Übungsprogramme sind und dass man dabei nicht nur wie ein Maikäfer auf dem Rücken liegt und mit den Armen und Beinen zappelt. Manch einer hat sich auch schon über die ein oder andere Übung beschwert – das sei ja nun wirklich kein Rumpfstabi-Training mehr … Ist es auch nicht, es ist Athletiktraining! Und Athletiktraining ist viel mehr als nur reine Rumpfstabi.

Am Anfang steht die Stabilität

Die Rumpfmuskulatur ist die Basis jeder Bewegung und hat einen Effekt auf alle Bewegungen. Durch Rumpfstabilität erfolgt die Aktivierung und Stabilisierung von Rumpf und Wirbelsäule und durch einen gut stabilisierten Rumpf können die Arme und Beine unabhängig vom Rumpf bewegt werden. Nur wer es schafft, die Bewegung von Armen und Beinen vom Rumpf abzugrenzen, ist in der Lage, aus dem Ruhezustand in eine flüssige, funktionelle Bewegung überzugehen. Wer es nicht schafft, bei Bewegungen der Extremitäten den Rumpf stabil zu halten, hat ein erhöhtes Verletzungs­risiko und es kommt zu Energie- und Kraftverlusten in der Muskulatur. Durch entstehende Scherkräfte wird die kinetische Kette gestört und Muskeln übernehmen plötzlich Aufgaben, für die sie nicht vorgesehen sind. Eine starke Körpermitte ist also die Voraussetzung für die gute technische Ausführung von Bewegungen in jeder Sportart. Der sogenannte Core, der Mittelkörper, verbindet den Ober- und den Unterkörper, beeinflusst 90 Prozent der Bewegungen und ist die unterstützende Säule für die meisten technischen Ausführungen jeder Sportart. Ein funktionell trainierter Rumpf kann für eine gute Wasserlage, eine stabile Radposition oder ­einen ökonomischen Laufstil entscheidend sein. 

Wichtig ist es deshalb, den gesamten Rumpf (core stability) funktionell zu trainieren, sodass die intermuskuläre Koordination (Zusammenspiel verschiedener Muskeln bei einem gezielten Bewegungsablauf) durch eine gute Kraftübertragung im Mittelkörper ­optimiert und verbessert werden kann. Funktionelles Training richtet sich hier nach dem Prinzip „core to extremity“, was bedeutet, dass die Übungen vom Zentrum zu den Extremitäten gehen.

Aus der Mitte kommt die Kraft

Weil die Rumpfstabilität eine derart zentrale Rolle im Sport und im Alltag spielt, finden sich in jeder Athletikeinheit Übungen zum Training des Rumpfs wieder. Der Begriff „Athletik“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Wettkämpfer“. Im Altertum waren die Athleten in der Regel Sportler, die den Sport als Beruf ausübten. Heutzutage unterscheiden wir bei Sportlern zwischen Gesundheitssportlern, Breitensportlern, ambitionierten Breiten- oder Amateursportlern und Profisportlern. Die Übergänge sind oft fließend und gerade im Triathlon sind manchmal die Unterschiede der Trainingsumfänge eines Amateursportlers und eines Profisportlers marginal. Es geht also darum, Sport auf höchstem Niveau auszuüben und stetig seine Leistungsfähigkeit zu verbessern und gleichzeitig Verletzungen zu vermeiden. Das Athletiktraining dient unter anderem dazu, Fertigkeiten und Fähigkeiten zu trainieren, um auf eine Wettkampfaktivität vorbereitet zu sein.

Athletiktraining ist nicht sportartspezifisch

Die angesprochenen Fähigkeiten sind körperliche Voraussetzungen, die angeboren sind. Jeder hat zum Beispiel Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit – allerdings in unterschiedlicher Ausprägung. Das entscheidet zwar über Talent oder Mittelmäßigkeit, aber die gute Nachricht ist: Fähigkeiten lassen sich durch Training ausbauen. Das siehst du daran, dass die Zeiten deines Fünf-­Kilometer-Tests oder die Wattwerte bei deinem FTP-Test durch kontinuierliches Training immer besser werden. Fertigkeiten hingegen müssen von jedem erlernt werden, niemand kann von Geburt an Kniebeugen, Handstand oder Kraulschwimmen. Also verzweifle nicht, wenn eine Übung nicht sofort gelingt. Du glaubst nicht, wie viele deiner Mitstreiter dachten: „Das klappt nie!“, und inzwischen ist die Sumohocke überhaupt kein Problem mehr. Übung macht eben den Meister.

Das Ziel des Athletiktrainings ist es, bei einem Athleten die körperlichen Grundlagen zu schaffen, die ihn in die Lage versetzen, sowohl Wettkämpfe als auch Hunderte von Trainingsstunden pro Saison zu absolvieren und durchzuhalten sowie die Regeneration zu beschleunigen. Athletiktraining zeichnet sich dadurch aus, dass alle körperlichen Eigenschaften trainiert ­werden. Dazu gehören Kraft, Ausdauer, Koordination, Schnelligkeit und Beweglichkeit. Ein positiver Neben­effekt ist, dass auch Dinge im Alltag leichter werden: Schuhe binden im Einbeinstand, Wasserkisten tragen, schnelle und ungünstige Bewegungen besser tolerieren (zum Beispiel Schlüssel vom Boden aufheben), mit Kindern toben oder längere Wanderungen in den Bergen unternehmen.

Pflichtprogramm für Triathleten

Athletiktraining schafft also, wie zuvor erörtert, die Basis, um das sportartspezifische Leistungsvermögen entscheidend zu beeinflussen, Verletzungen vorzubeugen und die Regeneration zu beschleunigen. Regelmäßiges und effizientes Athletiktraining kann muskuläre Dysbalancen und daraus resultierende Fehlbelastungen reduzieren. Gezieltes Training der gelenknahen Muskulatur sorgt dafür, dass auch bei langanhaltenden Ausdauerbelastungen eine saubere Bewegungsausführung erhalten bleibt. Dadurch wird der Körper vor falschen Bewegungen geschützt, die auf Dauer zu Verletzungen führen könnten.

Die „Lieblingseinheiten“ (besonders der männlichen Triathleten) sind jedoch die Mobility-Einheiten, in denen die Beweglichkeit verbessert werden soll. Eine gute Beweglichkeit kann nämlich helfen, schneller Rad zu fahren und schneller zu laufen. Jetzt wird es für dich interessant? Zwei kleine Beispiele: Durch eine gute Beweglichkeit kann die Aero-Position auf dem Rad leichter eingenommen und gegen weniger Widerstand länger gehalten werden. Die Energie kann also direkt auf die Pedale gehen und muss nicht dafür verschwendet werden, die Position einnehmen und halten zu können. Beim Laufen ist die Tatsache wichtig, dass sich die Laufgeschwindigkeit aus Schrittlänge und Schrittfrequenz zusammensetzt. Wenn du es schaffst, das Knie aktiv nach oben zu ziehen, ohne dabei die Hüfte oder den Rumpf zu verdrehen, kannst du einen größeren Schritt machen und damit pro Schritt mehr Weg zurücklegen. Wenn du außerdem durch eine gute Beweglichkeit ohne intensive Ausgleichsbewegungen läufst, kannst du eine höhere Schrittfrequenz erreichen. ­Beide Faktoren haben einen direkten Einfluss auf die Laufgeschwindigkeit.

“Von einer Athletikeinheit pro Woche darfst du keine merklichen Fortschritte erwarten. Dafür sollten es zwei bis drei sein.”

Ulrike Syring, Athletiktrainerin von power & pace

Du machst noch kein Athletiktraining? Dann ist jetzt der richtige Zeitpunkt, damit anzufangen! Gehe das Athletiktraining als ein funktionelles Krafttraining an, bei dem der Körper ganzheitlich in Muskel­ketten trainiert wird – meist mit dem eigenen Körpergewicht oder gegen leichte Widerstände. Die Funktion der Muskulatur steht im Vordergrund und nicht die Ästhetik des Körpers. Im klassischen Krafttraining werden oft einzelne Muskeln für die Optik trainiert, was bei eingelenkigen Übungen zu hohen Gelenkbelastungen führt und meist nicht der Funktion des Muskels entspricht. Wie oft im Alltag benötigst du isoliert nur deinen Beinstrecker oder Beinbeuger? Kniebeugen oder Ausfallschritte hingegen sind aus dem Alltag nicht ­wegzudenken.

Planen statt quetschen

Auch wenn die Athletiktrainingseinheiten gern etwas stiefmütterlich behandelt werden, sollte sich die Wichtigkeit und Wirksamkeit inzwischen herumgesprochen haben. Natürlich ist der Trainingsplan mit Schwimmen, Radfahren und Laufen schon gut gefüllt, dennoch sollte auch das Athletiktraining zum richtigen Zeitpunkt mit der richtigen Aufmerksamkeit durchgeführt werden. Wenig sinnvoll ist es, das Athletiktraining noch schnell vor oder nach eine harte ­Intervalleinheit zu setzen. Dadurch wird keine der Einheiten eine hohe Trainingsqualität haben. Ent­scheidend ist der Trainingsschwerpunkt der jeweiligen Einheiten, die kombiniert werden sollen. Eine weniger beanspruchende Mobilisationseinheit kann gut nach einer anderen Trainingseinheit absolviert werden. Je nach Intensität gern mit einer kleinen Pause. Eine ­solche Einheit vor eine andere Trainingseinheit zu setzen, ist wenig sinnvoll, da Körper und Geist nach einer entspannenden Athletikeinheit so heruntergefahren sind, dass es schwer wird, die nötige Energie und Spannung wieder aufzubauen.

Sinnvoll ist es, das Athletiktraining als eigene Trainingseinheit in den Trainingsalltag zu integrieren. Wie oft du entsprechend auf die Matte gehst, das musst du mit deinem Zeitbudget in Einklang bringen. Der Spruch „Einmal ist keinmal“ gilt im Training zwar nicht, denn einmal ist auf jeden Fall besser als gar nicht. Allerdings darfst du keine merklichen Fortschritte von ­einer Trainingseinheit pro Woche erwarten. Eine Trainingseinheit in der Woche ist durchaus geeignet, um die Form zu erhalten. Wer sich jedoch verbessern möchte, sollte zwei bis drei Einheiten pro Woche einplanen. Im besten Fall macht das Athletiktraining (wozu auch ­Beweglichkeitstraining und Lauf-Abc gehören) ungefähr ein Drittel des Gesamttrainingsumfangs aus, mindestens jedoch 20 Prozent. Bei einer Zehn-Stunden-­Woche entspräche dies also zwei Stunden. Eine Zeitmenge, die du, was den Aufbau eines stabilen Funda­ments für deine Gesamtperformance angeht, ­gewinnbringender nicht investieren kannst.

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