Atmung, Beine, Wasserlage: Elemente einer guten Kraultechnik
Neben dem Armzug gibt es beim Kraulschwimmen noch weitere Aspekte, die diese komplexe Technik ausmachen. Übe alle Elemente einzeln und zusammen, um schnell Fortschritte zu erzielen.
Atmung
Beim Kraulschwimmen erfolgt die Atmung zur Seite durch eine leichte Rotation um die Körperlängsachse. Beginne die Rotation in dem Moment, in dem du deinen Unterwasserarm zum Oberschenkel hin streckst, und setze sie zügig fort, wenn der Arm das Wasser verlässt und du ihn nach vorn führst. Blicke leicht nach hinten, dadurch ergibt sich eine geschützte Mulde zum Einatmen. Achte darauf, dich nur so weit wie unbedingt nötig auf die Seite zu drehen. Jeder Zentimeter mehr kann dazu führen, dass du unter Wasser zu stark absinkst (Stichwort Wasserlage). Atme zügig durch den Mund ein und drehe zurück in die Ausgangsposition, bevor du die Überwasserphase beendest und deinen Arm nach vorn strecken. Übe diese Bewegung ruhig einige Male an Land, ehe es ins Wasser geht. Es mag merkwürdig klingen, doch die Atmung im Wasser ist zu Beginn für viele eine große Hürde. Immer wieder sieht man gut trainierte Ausdauersportler, die nach wenigen Bahnen völlig k. o. sind, einzig und allein, weil die Atmung nicht stimmt. Das Einatmen ist dabei meist das kleinere Übel. Schwieriger ist das Ausatmen. Dieses muss nämlich unbedingt unter Wasser durch Mund und Nase erfolgen und die Lungen so weit wie möglich entleeren. Nur dann kannst du in dem kurzen Moment, in dem dein Mund aus dem Wasser ragt, genügend Sauerstoff aufsaugen. Atmest du unter Wasser zu kurz aus, verbleit „alte“ Luft in den Lungenflügeln. Dies setzt den Sauerstoffaustausch herab und du bekommst das Gefühl zu ersticken, wenn du nicht sofort auftauchst. Mit etwas Übung wirst du im Wasser genauso entspannt und rhythmisch ein- und ausatmen wie an Land. Dann kannst du auch problemlos längere Strecken schwimmen.
Beine
Auch die Beine tragen zum Vortrieb bei, jedoch längst nicht so stark wie die Arme. Viele Triathleten denken deshalb, dass sie den nervigen Beinschlag gleich komplett vernachlässigen können, erst recht, weil ja auch der Neoprenanzug im Rennen für Auftrieb sorgt und die stabile Wasserlage unterstützt. An dieser Theorie ist durchaus etwas Wahres dran, dennoch ist sie zu kurz gedacht. Erstens hast du im Training fast nie einen Neo an und gehst ohne Beinschlag unter. Zweitens verlierst du Körperspannung und deine Schwimmlage wird instabil. Dadurch rotierst du im Wasser hin und her und kommst kaum von der Stelle. Nicht zuletzt kann eine schlechte Beinhaltung auch extrem bremsen.
Die wechselseitige Kickbewegung der Beine beginnt mit einem Impuls im Oberschenkel, der über das Knie und das Sprunggelenk bis in die Zehen weitergegeben wird. Denke an einen Schuss mit dem Spann oder an die Flosse eines Delfins, die in der Abwärtsbewegung Spannung aufbaut. Zwei Fehler gilt es unbedingt zu vermeiden: den Radfahrerbeinschlag, bei dem die Bewegung aus den Knien und nicht aus den Oberschenkeln kommt, und der Beinschlag mit angezogenen Füßen. Beide führen dazu, dass du zwar strampelst und spritzt, aber kaum vorwärtskommst.
Wassergefühl
Das Wassergefühl ist die große Unbekannte beim Kraulschwimmen. Manche sagen sogar, dass es den Unterschied ausmacht zwischen einem durchschnittlichen und einem sehr guten Schwimmer. Im Wasser den optimalen Abdruck zu finden, hat viel mit Gefühl zu tun. In welchem Winkel muss ich die Hand in der Zugphase halten? Wann bietet mir das Wasser den optimalen Widerstand, um mich abzustoßen? Was nach Mathematik und Physik klingt (im Grunde ist es das natürlich), lässt sich in der Praxis nicht so einfach berechnen. Man muss es spüren. Zum Glück gibt es Übungen wie das Sculling, Hundepaddeln oder Rückwärtsschwimmen, die dir helfen, Wassergefühl zu entwickeln. Bei diesen Übungen schwimmst du sehr langsam, doch das macht nichts. Auch das Schwimmen in unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Schwimmarten (Delfin, Rücken, Brust, Kraul) wird dich schnell weiterbringen. Bedenke, dass einmal aufgebaute Gefühle wie in jeder guten Beziehung gehegt und gepflegt werden wollen. Selbst Spitzenschwimmer arbeiten in jeder Trainingseinheit daran.
Körperspannung
Die Schwimmtechnik besteht aus weit mehr als der optimalen Kombination aus Armzügen und Beinschlägen. Ein Faktor, der die Effektivität deiner Schwimmbewegungen extrem beeinflusst, ist deine Körperspannung. Du kansnt es dir denken: Wenn du wie der sprichwörtliche nasse Sack im Wasser hängst, verbrauchst du jede Menge Energie und kommst doch nicht schneller vorwärts. Sorge stattdessen für eine stabile Mitte, indem du deine Rumpf-, Bauch- und Gesäßmuskulatur anspannen. An dieser Stelle kommt dir allgemeines Athletik- und regelmäßiges Rumpfstabitraining zugute.
Wasserlage
Ein wichtiger Schritt in Richtung einer effizienten Kraultechnik ist die Minimierung des Frontalwiderstands. Aufgrund der hohen Dichte von Wasser kannst du dich von den Wassermolekülen abstoßen. Gleichzeitig wird die hohe Dichte zu deinem Feind, da du dich gegen den Widerstand des Wassers nach vorn arbeiten müssen. In diesem Zusammenhang müssen wir noch einmal auf die Wasserlage zu sprechen kommen, deren Anteil an einer schnellen Schwimmzeit gar nicht hoch genug bewertet werden kann. Viele kleine Fehler können deine Wasserlage so verändern, dass dein Gesamtwiderstand um das Mehrfache steigt. In einem Test im Strömungskanal konnten wir vor einiger Zeit messen, dass angewinkelte Füße den Widerstand um 40 bis 70 Prozent, durchhängende Beine um bis zu 50 Prozent und eine fehlende Streckung der Arme während der Gleitphase um etwa 20 Prozent erhöhen. Stelle dir deinen Oberkörper wie einen Tunnel im Wasser vor. Rumpf und Beine müssen dem Oberkörper immer in diesem Tunnel folgen und dürfen nicht zum Beckenboden abfallen, da sie sonst den Frontalwiderstand erhöhen. Alle Körperteile, die aus dem Tunnel herausragen, dürfen nur der Vortriebsproduktion nützen. Kraul-Einsteiger kämpfen oft mit einem sehr hohen Widerstand, da ihnen die nötige Körperspannung und Beinarbeit fehlen und die Wasserlage bei niedrigen Geschwindigkeiten tief ist. Flossen sind in dieser Lernphase das optimale Hilfsmittel. Durch den Turbo schwimmst du automatisch höher und liegst besser im Wasser. Dann kannst du dich um andere Details einer guten Kraultechnik kümmern.
Responses