Der Winter kommt: Eiskalt in Form
Ja, ja, schon klar, Triathlon ist eine klassische Sommersportart. Das gilt zumindest für die Wettkämpfe, die in Deutschland und in Europa üblicherweise zwischen Mai und September stattfinden. Damit du am großen Tag, wann auch immer der sein mag, in Bestform am Start stehst, musst du an dieser natürlich frühzeitig und kontinuierlich arbeiten. Du kannst nicht abwarten, bis es wärmer wird. Zugegeben, bis zum nächsten Freiwassertraining oder einer ausgedehnten Radausfahrt mit Eisdielen-Stopp musst du dich höchstwahrscheinlich noch ein wenig gedulden. Dennoch kannst du in den bevorstehenden kalten und ungemütlichen Wintermonaten einiges tun, um ein besserer Athlet zu werden und langfristig davon zu profitieren. Jetzt kommt es darauf an, die richtigen Schwerpunkte zu setzen und gleichzeitig auf Trainingsinhalte zu verzichten, mit denen du nur wertvolle Zeit verschwendest.
Schwimmtechniken verbessern
Schwimmen, Radfahren und Laufen – das Profil des Dreikampfs ist so weit klar. Wie wir alle wissen, ist es allerdings nur wenig zielführend, in allen Disziplinen ausschließlich Kilometer und Stunden abzuspulen. Denn es kommt auf die Qualität und somit die Inhalte der Trainingseinheiten an. Doch welche „inneren Werte“ muss ein guter Triathlet mitbringen? „Die Leistungsfähigkeit setzt sich aus dem anaeroben Stoffwechsel und dem aeroben Stoffwechsel zusammen. Im Schwimmen und Laufen ist zusätzlich die Bewegungsökonomie ein wichtiger bestimmender Faktor“, erklärt Coach Björn Geesmann. „Damit gibt es im Training drei mögliche Schwerpunkte, die jedoch alle eine unterschiedliche Anpassungsdauer haben.“ Konkret heißt das: Die maximale Sauerstoffaufnahme, die für die Ausprägung des aeroben Stoffwechsels verantwortlich ist und prinzipiell nie hoch genug sein kann, entwickelt sich nicht von heute auf morgen. Sie tut dies jedoch deutlich schneller als die maximale Laktatbildungsrate, die den anaeroben Stoffwechsel bestimmt und für einen geringen Kohlenhydratverbrauch möglichst niedrig sein sollte. Es erscheint also sinnvoll, frühzeitig mit der Senkung der Laktatbildungsrate und damit einhergehend der Verbesserung des Fettstoffwechsels zu beginnen. „Beim Thema Ökonomie haben wir eine Art Blackbox. Es ist nicht ganz klar, wie sie wirklich verbessert werden kann“, sagt Geesmann. Vermutlich sei es das Zusammenspiel mehrerer Faktoren der Trainingsgestaltung, wovon Kontinuität und ein gewisser Umfang die wichtigsten seien. „Man kann Schwerpunkte auf jeden Fall nicht so verlagern, dass man eine Sache komplett weglässt und alles nacheinander trainiert. Training ist immer eine Mischkalkulation mit leichten Verschiebungen. Davon ausgenommen sind Athleten, die ihre Stärken genau kennen und wissen, dass beispielsweise ihre Laktatbildungsrate bereits extrem niedrig ist“, so der Coach. Gleiches gilt für die Einzeldisziplinen. Hier kannst du den Fokus leicht verschieben und als schlechter Läufer beispielsweise eine zusätzliche Einheit einbauen und es auf dem Rad ruhiger angehen lassen, im Frühjahr dann vielleicht umgekehrt. Anders sieht es beim Schwimmen aus. Hier gilt es, Aufwand und Ertrag im Hinblick auf die eigene Zielsetzung abzuwägen. „Ein Schwerpunkt ist nur sinnvoll, wenn man daran anknüpfen und die Kontinuität bewahren kann. Als schwacher Schwimmer fünfmal pro Woche ins Wasser zu gehen und danach nur noch zweimal, kann man sich sparen“, verdeutlicht Björn Geesmann. Sinnvoll sei dagegen ein klarer Fokus auf die Technik, und dafür sei der Winter optimal geeignet. Nimm dir für einige Stunden einen privaten Schwimmcoach, besuche einen Kurs im Verein oder städtischen Bad, um die Kraultechnik korrekt zu erlernen. Das umfangsorientierte Training macht dann gleich mehr Spaß. Wenn die Motivation zwischendurch abhandenzukommen droht, kannst du mit Wettkämpfen ein wenig Würze ins Training bringen. Das ist vor allem im Rahmen eines Laufschwerpunkts interessant. Winterlaufserien und Crossläufe finden an fast jedem Wochenende statt – so kannst du für Abwechslung sorgen und je nach Herangehensweise neue Reize setzen, ohne aufgrund der kurzen Distanzen zu stark zu belasten.
Winterzeit ist Vorbereitungszeit
Während Schwerpunkte physiologischer und inhaltlicher Natur kein Muss sind, solltest du zwei Dingen im Winter mehr Aufmerksamkeit schenken: Athletiktraining und Beweglichkeit. Das hat mehrere Gründe. Wenn du dich für einen Schwerpunkt in einer Disziplin entscheidest, muss dieser vor- und nachbereitet werden. Wer „aus der kalten Hose“ die Laufumfänge steigert, erhöht das Verletzungsrisiko. Du solltest also begleitend für einen stabilen Körper sorgen, der die folgenden Belastungen gut wegstecken kann. Davon profitierst du nicht nur jetzt, sondern auch im späteren Saisonverlauf. Das Athletiktraining behältst du natürlich bei, doch im Winter dürfte der Gesamtumfang noch nicht allzu hoch sein, sodass du die eine oder andere Extra-Einheit auf der Matte oder im Fitnessstudio einbauen kannst. Coach Geesmann legt hierbei großen Wert auf die Abgrenzung zum klassischen Krafttraining, das auf einen Muskelzuwachs abzielt. „Das bringt gar nichts, wenn es sich nur auf wenige Monate im Winter konzentriert. Im Sommer wird es kaum noch mit dem Triathlontraining vereinbar sein.“ Die mühsam aufgebaute Muskelmasse würde sich dann alsbald wieder verabschieden. Besser geeignet sei, wenn überhaupt, Maximalkrafttraining, weil es die neuromuskuläre Ansteuerung verbessere sowie zum Kraftaufbau beitrage. Hierbei muss die Technik allerdings perfekt sitzen, und eine persönliche Betreuung durch einen Trainer ist unabdingbar. Regelmäßiges Stabitraining kannst du leicht im Trainingsplan integrieren – so bist du auf der sicheren Seite.
Coole Alternativen
Der Winter kann zahlreiche Möglichkeiten bieten, vom gewohnten Triathlontraining abzuweichen. Die Rede ist von Alternativtraining, das nicht im Pool, auf dem Renn- oder Triathlonrad oder in Straßenlaufschuhen stattfindet. Das angesprochene Athletiktraining ist ganz klar nicht Teil des Alternativtrainings, sondern stellt eine Ergänzung dar, die zum Pflichtprogramm gehört. „Die beste Alternative im Winter ist Skilanglauf. Das ist ein Ganzkörpertraining, das viele Anforderungen aller Disziplinen vereint und einen hervorragenden Trainingseffekt bietet. Wer die Möglichkeit hat: Unbedingt machen!“, rät Björn Geesmann. Er betont jedoch, dass Alternativtraining nur optional und je nach persönlichen Herausforderungen absolviert werden sollte. Eine gewisse Flexibilität solltest du dir allerdings bewahren, und dazu stellst du dir folgendes Szenario vor: Im Trainingsplan steht eine ein- bis zweistündige Radeinheit, die du perfekt auf dem Smarttrainer machen könntest. Wider Erwarten herrscht aber traumhaftes Winterwetter, und das solltest du nicht verpassen. Verlagere die Einheit also nach draußen auf das Gravel- oder Mountainbike. „Man kann in diesem Fall gern vom Trainingsinhalt sowie den Trainingsbereichen abweichen“, sagt Geesmann. Ebenso müsse man sich nicht unbedingt an die vorgegebene Dauer halten, eine „Bonusstunde“ sei immer möglich.
Weg oder her mit dem Winterspeck?
Ein mitunter leidiges Thema, das klassischerweise spätestens zum Jahreswechsel aufkommt, ist das Körpergewicht. Während der Off-Season und der Feiertage hast du vielleicht das eine oder andere zusätzliche Kilo gesammelt. Das ist in Ordnung, denn nicht nur mental ist es wichtig, die Zügel auch mal locker zu lassen. Gerade im Winter hilft Körperfett dabei, uns widerstandsfähig gegenüber Infekten zu machen. Gleichzeitig muss aber klar sein: Wenn der überflüssige Ballast wieder verschwinden soll, wäre es zu spät, damit bis zum Mai zu warten. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, damit zu beginnen. „Eine Gewichtsabnahme benötigt immer Zeit. Wenn man sich davon ausreichend nimmt, hat man auch keinen Stress. Man sollte sich jetzt einfach ernsthaft mit seiner Ernährung auseinandersetzen, wenig Alkohol trinken und Süßigkeiten nur in Maßen essen“, rät Björn Geesmann. Eine strenge Diät sei weder nötig noch zielführend. Wie gesagt: Im Winter werden die Vorbereitungen für den Sommer getroffen.
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