Farbe bekennen: Der Tattoo-Guide für Triathleten
Tattoos sind angesagt wie nie. Doch wer sich als aktiver Sportler tätowieren lassen will, steht möglicherweise vor Terminschwierigkeiten. Denn das Hautkunstwerk benötigt Zeit und eine gewisse Aufmerksamkeit bei der Heilung. Ein kleiner Guide mit To-dos und No-Gos im Umgang mit Tattoos.
Sam Laidlow, Lionel Sanders, Vincent Luis, Laura Philipp, Heather Jackson … Die Liste der offensichtlich tätowierten Triathlonprofis ist lang und ließe sich ohne Probleme weiterführen. Zudem darf man davon ausgehen, dass es einige Stars mit kleinen Heimlichkeiten auf der Haut gibt. Wie zum Beispiel Lucy Charles-Barclay, deren Motivwahl vor einigen Jahren auf das Ironman-Logo fiel. Die Beliebtheit der Körperkunst ist jedoch kein Phänomen des Profisports, auch wenn der Begriff Fußballerarm in der Tattoo-Szene mittlerweile absolut geläufig ist. Jüngste Statistiken sprechen davon, dass etwa jeder fünfte Erwachsene in Deutschland tätowiert ist, und betrachtet man die Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen, ist es sogar mehr als jeder vierte. Tendenz steigend.
Doch gerade für ambitionierte Sportler gibt es einiges zu beachten, bevor sie sich unter die Nadel begeben. Während die Art der Tätowierung einzig Geschmacksache ist, sollte man den Zeitpunkt, zu dem man einen Termin vereinbart, gut überdenken. Das Tattoo kann noch so perfekt gemacht sein, wenn man ihm jedoch nicht unmittelbar die nötige Aufmerksamkeit schenkt (oder schenken kann), ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Ergebnis leidet und im schlimmsten Fall Risiken für die Gesundheit bestehen.
Um den Ernst der Lage zu verstehen, mit der man es beim Tätowieren zu tun bekommt, ist es wichtig, sich klarzumachen, was beim Stechen des Motivs passiert. Ganz nüchtern betrachtet ist eine Tätowierung nichts anderes als eine Wunde, die durch die unzähligen Einstiche der Nadeln (meist mehrere nebeneinander) entsteht. Die sogenannte Hautbarriere, die im intakten Zustand verhindert, dass fremde Stoffe in den Körper eindringen, wird bewusst beschädigt, um die Farbe in jene Bereiche der Haut bringen zu können, wo die Pigmente dauerhaft verbleiben sollen.
Dass man als Tätowierter diese Verletzung der Haut gern in Kauf nimmt, ist dem Körper komplett egal. Er reagiert wie bei jeder anderen Wunde: Immunsystem aktivieren, versuchen, die fremden Stoffe abzuwehren, Blutung stoppen und Regeneration der Haut einleiten, um die wichtige Barriere wieder zu schließen. Mit allem, was zu einer umfassenden Wundheilung gehört, also auch mit dem Austritt von Wundsekret. Dies ist die Maßnahme des Körpers, die die Wunde von eingedrungenen Stoffen wie Farbe oder Bakterien reinigen soll. Im Falle der Farbe gelingt dies zum Glück für den Tätowierten nur zum Teil. Alles, was mangels Löslichkeit nicht abtransportiert werden kann, bleibt als Tattoo zurück. Dieser Vorgang des „Ausspülens“ mit Wundflüssigkeit kann je nach Größe und Gestaltung der Tätowierung bis zu 24 Stunden dauern. In dieser Zeit ist äußerste Vorsicht angesagt.
Doch damit ist die kritische Phase noch längst nicht abgeschlossen. Nässt die Wunde nicht mehr, muss die Oberhaut (Epidermis) wieder aufgebaut werden, um die Hautbarriere zu schließen. Doch je nach Zerstörungsgrad kann es durchaus über eine Woche dauern, bis die oberste Hautschicht repariert ist, und auch mit diesem Schritt ist die Heilung längst nicht abgeschlossen. Bis die Schichten unter der äußeren Hülle wieder hergestellt sind, können mehrere Wochen vergehen. Ein Zeitraum, in dem weiter Vorsicht angesagt ist. Denn abgesehen von der Gefahr einer Entzündung aufgrund von mangelnder Hygiene bei der Nachbehandlung gibt es drei Dinge, die einer frischen Tätowierung großen Schaden zufügen können: Sonne, Wasser und Sport. Und das sind dummerweise drei Dinge, mit denen Triathleten an vielen Tagen des Jahres zu tun haben.
Sonne
Eine frische Tätowierung darf auf keinen Fall der Sonne ausgesetzt werden, denn die verschiedenen UV-Strahlen beschleunigen nicht nur das Verblassen der eingebrachten Farbpigmente (die Tätowierung wird vorzeitig altern und an Intensität verlieren), sie behindern auch den Wiederaufbauprozess. Im Klartext: Solange die Haut sich nicht vollständig regeneriert hat, schadet Sonne der Tätowierung massiv. Deshalb sollte man ein frisches Tattoo etwa acht Wochen vor jeglicher direkter Strahlung schützen – ob vom Himmel oder aus den Röhren eines Solariums. Letztere sind sogar besonders schädlich, denn die UV-Strahlung, die von ihnen ausgeht, ist sehr hoch.
Da auch Sonnencreme in der Wiederherstellungsphase nichts auf der neuen Haut verloren hat, gilt es, die tätowierten Körperstellen mit lockerer, luftiger Kleidung zu bedecken. Ist das Tattoo komplett abgeheilt, darf und sollte wieder intensiv gecremt werden – selbst bei Wolken und stets mit Lichtschutzfaktor 50. Das mag übertrieben klingen, doch nur auf diese Weise kann man der unnötig schnellen Alterung der Tätowierung entgegenwirken.
Wasser
Zwar sollte man ein frisches Tattoo nach dem Abnehmen der ersten Schutzfolie, die der Tätowierer nach der abschließenden Reinigung aufgelegt hat, mit lauwarmem Wasser vorsichtig abspülen, doch ansonsten gilt es, mit dem Element der ersten Disziplin zurückhaltend umzugehen. Kurzes Abduschen der tätowierten Haut (ohne Duschgel) ist in der Heilungsphase erlaubt, Bäder jeder Art sind verboten.
Das heißt: Um Badewannen, Pools, Seen, Flüsse und Meere sollten frisch Tätowierte in den ersten acht Wochen nach dem Stechen einen Bogen machen. Zu groß wäre die Gefahr, dass durch längeren Kontakt mit Wasser die tätowierte Haut aufweicht und Schaden nimmt, man sich eine Infektion einfängt und/oder die Farbe fleckig wird.
Sport
Sport, oder besser gesagt Bewegungssport, ist in den ersten Tagen nach dem Tätowieren untersagt, wenn man die Heilung optimal unterstützen will. Zwar kommt es auf die Stelle an, auf der das neue Tattoo prangt, aber bis auf wenige Ausnahmen ist die Haut beim Sport in Bewegung. Das würde die Regeneration behindern. Hinzu kommt, dass Schweiß der offenen Wunde schaden kann, und auch reibende Kleidung an der frischen Tätowierung ist unter allen Umständen zu vermeiden.
Ganz lockere Bewegung kann nach der Erneuerung der Hautbarriere, also nach etwa zehn Tagen, bei guter Wundheilung wieder möglich sein. Mit Einheiten, bei denen der Schweiß nur so strömt (zum Beispiel beim Indoortraining), oder gar Kontaktsportarten sollte man jedoch etwa drei Wochen warten. Erst recht, wenn es sich um eine große, flächige Tätowierung handelt, die geschützt werden muss.
Fazit
Im Grunde gibt es für Triathleten nur einen guten Zeitpunkt im Jahr, um sich tätowieren zu lassen, und der ist genau jetzt. Aber auch nur dann, wenn man es verkraften kann, etwa acht Wochen auf das Schwimmtraining zu verzichten, und eine komplette Sportpause von zwei Wochen aushält. Dies sollte man bei der Terminwahl unbedingt berücksichtigen. Trainingslager im Frühjahr geplant? Dann wird es fast schon knapp mit einem Termin im Januar. Und dass man sich kein Erinnerungstattoo von einem Wettkampf mitbringen und sich dann für mehrere Stunden auf die Rückreise machen sollte, erklärt sich mit dem obigen Wissen praktisch von selbst.
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