Formcheck für alle: Das richtige Vorgehen bei Leistungstests

Wenn die ersten Trainingswochen eingetütet sind, ist der perfekte Zeitpunkt gekommen, um die aktuelle Leistungsfähigkeit auf die Probe zu stellen. Wir erklären dir, wie es geht.

Butter bei die Fische! Die ersten ­Monate der neuen Saison werden bei vielen Triathleten dafür genutzt, sich der Realität zu stellen. Nach einer kurzen Trainingszeit sind ­natürlich keine Wunder zu erwarten, doch darum geht es auch gar nicht. Das Ziel ­eines Formchecks im Winter ist die Erfassung des aktuellen Leistungsstands, um selbigen zu verbessern – denn genau dafür ist Training schließlich da. Ob dieses Vorhaben erfolgreich war und man sich verbessert hat, weiß man nur, wenn ein Ausgangswert vorliegt, mit dem verglichen wird. Ein FTP-Test auf dem Rad ist ein einfaches Verfahren, das diesen Zweck erfüllt und einen überprüfbaren Wert ausspuckt.

FTP – was ist das überhaupt?

Die Abkürzung FTP steht für „Functional Threshold Power“ oder auch „Critical ­Power“ (CP). Dies ist die Leistung, angegeben in Watt, die maximal über eine Dauer von einer Stunde durchschnittlich getreten werden kann. Es handelt sich dabei allerdings um eine theoretische Angabe, da man nur abschätzen kann, ob die Leistung tatsächlich eine Stunde lang aufrechterhalten werden kann. Abhängig ist dies unter anderem vom aktuellen Trainingszustand sowie davon, wie gut erholt man ist und wie gefüllt die Kohlenhydratspeicher sind. Umgangssprachlich wird die FTP als Schwelle bezeichnet – gemeint ist die individuelle anaerobe Schwelle, bei der sich Laktatauf- und -abbau die Waage halten. Die FTP bietet für diese zwar eine Orientierung, ist ­jedoch nicht mit ihr gleichzusetzen. Um die individuelle anaerobe Schwelle zu bestimmen, sind tiefergehende Kenntnisse über den eigenen Stoffwechsel nötig.

Wissenswertes zum Test

Ein FTP-Test dauert in der Regel 20 Minuten. Inklusive Warm-up, ein paar knackigen Vorbelastungen und Cool-down bist du etwas mehr als eine Stunde beschäftigt. Eine häufig gestellte Frage ist, wieso man einen FTP-Test nicht auf 60 Minuten ausdehnt, wenn man die Stundenleistung bestimmen will. Die einfache Antwort: Es ist extrem schwer, eine gleichmäßige und dabei maximal mögliche Leistung eine ganze Stunde aufrechtzuerhalten. 20 Minuten sind dagegen ein überschaubarer Zeitrahmen, in dem du dich quälen kannst, ohne während­dessen auf Flüssigkeitszufuhr und Ver­pflegung Rücksicht nehmen zu müssen. Ob du den Test drinnen oder draußen absolvierst, ist grundsätzlich egal. Bedenke jedoch, dass du an dein körperliches (und mentales) Limit gehen wirst und dich vermutlich spätestens ab Minute 15 auf nichts mehr konzentrieren kannst als auf das Treten. Im Straßenverkehr ist das ein hohes ­Risiko. Du benötigst also neben deinem Fahrrad einen Rollentrainer, bestenfalls eine Möglichkeit zur Wattmessung, die du auch im Training nutzt, und ein Gerät, das deine Leistung aufzeichnet. Falls du ohne Wattmesser unterwegs bist und keinen Smarttrainer hast, reicht ein Herzfrequenzgurt, der deinen Puls während der Belastung aufzeichnet. Zum Set-up sollten außerdem ein Ventilator oder Frischluft, ausreichend Getränke und ein Handtuch gehören.
Das Allerwichtigste, um einen FTP-Test zu absolvieren, ist ein einwandfreier ­Gesundheitszustand. Dazu gehört nicht nur, dass du dich vorher gut erholt hast, sondern auch, dass du keine Wehwehchen aus der Saisonpause mitgenommen hast oder ein Infekt in dir schlummert. ­Lasse dich am besten zum Trainingseinstieg einmal gründlich durchchecken, um hier Klarheit zu haben. Um ein realistisches Bild zu bekommen, wäre ein Start aus der kalten Hose nach einer Trainingspause ­allerdings nicht sinnvoll. Vor dem Test solltest du also bereits einige Wochen Training hinter dir haben. Dabei geht es nicht darum, besonders gut oder besser als deine Trainingspartner abzuschneiden, sondern nur um dich und deine aktuell mögliche Leistung. Neben einer ausreichenden Erholung im Vorfeld solltest du auch deiner Ernährung eine besondere Beachtung schenken, um auf dem Rad Vollgas geben zu können. Nach einem langen und hektischen Arbeitstag, bei dem die Mittagspause unter Zeitdruck oder gar nicht stattgefunden hat, wird dies kaum möglich sein. Achte deshalb darauf, keine Mahlzeit auszulassen, dich gut mit Kohlenhydraten zu versorgen und dir circa eine bis zwei Stunden vor dem Test noch einen kleinen Snack (Banane, Riegel oder Ähnliches) zu genehmigen.
Kommen wir nun zum eigentlichen Ablauf des Tests. Wenn du die Plattform Zwift nutzt, kannst du das dort hinterlegte Testprotokoll absolvieren und musst dich nur darauf konzentrieren, möglichst gleichmäßig und kräftig in die Pedale zu treten. Das sieht dann folgendermaßen aus:

  • 20 Minuten Warm-up
  • 3 x 20 Sekunden bei 120 % der aktuellen ­(geschätzten) FTP
  • 5 Minuten sehr easy
  • 5 Minuten bei 110 % der FTP
  • 10 Minuten sehr easy
  • 20 Minuten FTP-Test „all-out“, so gleichmäßig wie möglich
  • 10 Minuten Cool-down

Am Ende des Tests wird dir auf dem Bildschirm dein aktueller FTP-Wert angezeigt. Diesen errechnet Zwift mit 95 Prozent der erzielten Leistung nach 20 Minuten – eine sehr optimistische Kalkulation. Ziehe hier lieber fünf bis zehn Prozent ab, um dich nicht zu überfordern, insbesondere zum Saisoneinstieg. Alle acht bis zwölf Wochen kannst du den Test wiederholen, um Veränderungen festzustellen. Achte dabei unbedingt darauf, alle genannten Voraussetzungen (Ernährung, Equipment, Kühlung) so genau wie möglich beizu­behalten, um das Ergebnis nicht zu verfälschen.

Übrigens: Der erste gemeinsame FTP-Test von power & pace findet am 5. Dezember 2023 statt. Wie immer übertragen wir das Spektakel live auf YouTube ab 18:45 Uhr.

Aussagekraft der FTP

Ein FTP-Test ist die Mindestanforderung für alle, die strukturiert trainieren und ihre Erfolge dokumentieren wollen. Du weißt, wo du stehst, und merkst, ob das Training anschlägt und du dich verbesserst. Der Haken an der Sache ist, dass der FTP-Wert zwar eine Zahl ist, die eine Aussage über deine Leistungs­fähigkeit trifft, jedoch nicht darüber, wie du diese produziert hast. Entscheidend sind grundsätzlich zwei Werte: die maximale Sauerstoffaufnahme (­VO₂max) und die ­maximale Laktatbildungsrate. Für Triathleten auf der Mittel- und Langdistanz sollte letztere so niedrig wie möglich, die ­VO₂max so hoch wie möglich sein. Wie gut beides ausgeprägt sein sollte, ist abhängig vom Trainingsziel, wobei auf der Kurzdistanz eine niedrige Laktatbildungsrate weniger entscheidend ist. Ein guter Trainingsplan berücksichtigt ohnehin die Verbesserung beider physiologischer Kenngrößen, sodass du auch dann Fortschritte erzielen wirst, wenn du lediglich deine FTP zur Steuerung heranziehst. Wenn du deine individuellen Stärken und Schwächen kennst, lassen sich im Training jedoch gezielt Schwerpunkte setzen.

Leistungsnachweis im Schwimmen und Laufen

Triathlontraining findet aber nicht nur auf dem Rad statt, sondern auch im Wasser und in Laufschuhen. Hier sollte ebenso auf der Tagesordnung stehen, die aktuelle Leistungsfähigkeit zu bestimmen, wenn man einer sinnvollen Trainingsstruktur folgen möchte. Einen klassischen FTP-Test gibt es in diesen Disziplinen nicht, jedoch andere Testverfahren, die einen ähnlichen Zweck erfüllen. Beim Schwimmen ist das ein sogenannter CSS-Test, mit dem man die „Critical Swim Speed“ ermittelt und anhand dessen die Trainingsbereiche ableitet. Wem ein sportlicher Hintergrund im Schwimmen fehlt, dem fällt es meistens sehr schwer, im Wasser das Tempo einzuschätzen. Schwimmen „nach Gefühl“ geht oft nach hinten los. Wenn diese Tempo­vorgaben nach einem CSS-Test definiert sind, kann das eine Unterstützung sein, um nicht bei eigentlich lockeren Einheiten ein viel zu schnelles Tempo anzuschlagen. ­

Der Ablauf des ­CSS-Tests

  • 200 – 400 Meter ein­schwimmen
  • 6 x 50 Meter technische ­Übungen, dazwischen
  • 20 Sekunden Pause
  • 4 x 50 Meter gesteigert, 20 Sekunden Pause
  • 400 Meter all-out (so schnell und gleichmäßig wie möglich)
  • 100 Meter locker, danach mindestens zwei Minuten Pause zur vollständigen Erholung!
  • 200 Meter all-out (so schnell und gleichmäßig wie möglich)
  • 100 – 200 Meter aus­schwim­men

Entscheidend sind die Abschnitte „all-out“ über 400 und 200 Meter. Hier solltest du gut erholt starten und alles aus dir herausholen. Die Formel zur Berechnung der CSS ist etwas komplizierter als die der FTP:

CSS (in s/100 m) = 100 m / [(400 m – 200 m) / (Zeit für 400 m (in s) – Zeit für 200 m (in s))].

Die näherungsweise Ermittlung der Schwelle beim Laufen ist schließlich wieder relativ einfach – sie entspricht nämlich ­ungefähr der Geschwindigkeit, die du bei einem Zehn-Kilometer-Wettkampf an den Tag legst, wenn du diesen an deiner aktuellen Leistungsgrenze und dabei möglichst gleichmäßig läufst. Letzteres kann schwierig sein, ist jedoch für einen aussagekräftigen Leistungstest entscheidend. Du kannst deshalb alternativ einen All-out-Lauf über nur fünf Kilometer absolvieren und von der erzielten Durchschnittsgeschwindigkeit zehn Prozent addieren, um ein realistisches Bild deines aktuellen Ist-Zustands zu bekommen und deine Trainingsbereiche anzupassen. Viel Spaß bei der Beobachtung deiner steigenden Formkurve.

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