Gut kombiniert: Tipps zum Koppeltraining
Um die Leistungen aus den Einzeldisziplinen auch im Triathlon auf einem möglichst hohen Niveau zusammenzufügen, hilft regelmäßiges Koppeltraining. Wir erklären, wie man Koppeleinheiten sinnvoll aufbaut, welche Unterschiede es zwischen den Distanzen gibt und was es bei der Umsetzung zu beachten gilt.
Dass Triathlon ein hochkomplexer Sport ist, zeigt sich auf ganz verschiedene Art und Weise. Besonders deutlich wird dieser Umstand unter anderem dadurch, dass ein bloßer Transfer von den Einzelleistungen in der jeweiligen Disziplin – speziell beim Radfahren und Laufen – nicht ohne Weiteres möglich ist. Ob auf Kurz- oder Langstrecke: Schnelle Zeiten über fünf Kilometer, den Marathon oder im Einzelzeitfahren garantieren nicht, dass man diese Leistungen in einem entsprechenden Verhältnis auch automatisch auf Triathlonwettkämpfe übertragen kann. Der beste Sololäufer erzielt nicht sofort die schnellsten Laufsplits im Triathlon und auch viele ehemalige Radprofis sind bereits daran gescheitert, die Leistung aus ihrer Paradedisziplin im Triathlon abzurufen. Zu sehr spielen hierbei die hohe muskuläre Ermüdung durch Vor- sowie Folgebelastungen, die Ansteuerung verschiedener Muskelgruppen innerhalb kürzester Zeit und die wechselnden Bewegungsmuster eine große und entscheidende Rolle. Zudem sind die energetische Komponente und eine funktionierende Wettkampfverpflegung mit zunehmender Dauer des Wettkampfs wichtige Faktoren für die Aufrechterhaltung der Leistung.
Natürlich sind starke „Sololeistungen“ eine entscheidende Voraussetzung und äußerst hilfreiche Basis, um diesen Leistungstransfer hinzukriegen und später im Triathlon eine hohe Gesamtleistung zu erzielen.
Denn klar ist auch: Was an Sololeistung erst gar nicht da ist, kann ebenso wenig im Triathlon erreicht werden. Mitentscheidend für ein hohes Niveau der disziplinübergreifenden Komplexleistung sind unter anderem die Kopplungsfähigkeiten. Und obwohl Triathleten zum Großteil nur eine Disziplin pro Einheit trainieren, sollte das Koppeltraining, also die Kombination von mehreren Sportarten innerhalb einer Trainingseinheit, nicht zu kurz kommen. Denn insbesondere das schnelle Laufen nach einem harten Radfahren stellt viele Athleten vor eine große Herausforderung.
Motorik, Ansteuerung und Tempogefühl trainieren
Das klassische und regelmäßige Koppeltraining findet deshalb im Normalfall zwischen dem Radfahren und Laufen statt. Für Rookies, Anfänger und Athleten mit Schwimmdefiziten kann es trotz des logistisch meist höheren Aufwands auch ratsam sein, mehrere Male den Wechsel vom Schwimmen zum Radfahren oder Laufen zu simulieren, um sich an den Übergang aus der Waagerechten in die Senkrechte zu gewöhnen und anzupassen. Wer die Möglichkeiten hat, kann als Koppeleinheit im Sommer am nächstgelegenen See auch mehrere Mini-Triathlons hintereinander absolvieren, nur um den Wechsel zwischen den Disziplinen zu trainieren und sich an die verschiedenen Bewegungsmuster zu gewöhnen. Es ist außerdem eine geeignete Methode, um einen schnellen und sicheren Wechsel an sich zu proben. Die Intensität spielt hierbei nur eine untergeordnete Rolle und sollte ganz bewusst ziemlich locker gewählt werden, weil das Ganze kein Intervall-, sondern in diesem Fall eher ein Wechseltraining darstellen soll.
Die gewünschten Trainingsreize und -ziele der Koppeleinheiten hängen neben den eigenen Schwächen in erster Linie von der jeweiligen Wettkampfdistanz ab, denn je nach Streckenlänge sind die Anforderungen und dementsprechend auch die Trainingsinhalte sehr unterschiedlich. Für den ehemaligen Bundestrainer Dan Lorang, der im Triathlon aktuell unter anderem Jan Frodeno, Anne Haug sowie mehrere Kurzstreckler trainiert, gilt beispielsweise: Je kürzer die Strecke, desto wichtiger ist das Koppeltraining.
Das liegt nicht nur daran, dass der Wechsel auf der Kurzdistanz sowohl bei den Profis als auch bei den Ligawettkämpfen im Agegroup-Bereich im Gegensatz zu den Langstrecken entscheidend für die Endplatzierung sein kann, sondern ebenso an den benötigten Fähigkeiten: „Auf den Kurzstrecken wird mit einem unheimlich schnellen Tempo angelaufen. Meistens ist sogar der erste Kilometer der schnellste. Das ist motorisch eine ganz andere Herausforderung als bei der Langdistanz, wo es nach stundenlanger Belastung darum geht, mit entleerten Kohlenhydratspeichern und einer möglichst sauberen Technik noch das verhältnismäßig langsame Zieltempo aufrechterhalten zu können“, sagt Lorang. Hinzu komme, dass auf den Kurzstrecken neben der deutlich höheren Intensität auch Tempowechsel oder sogar Zwischensprints eine entscheidende Rolle spielen, während die Belastungen auf der Mittel- und Langdistanz im Optimalfall sehr gleichmäßig sind und deutlich unter der anaeroben Schwelle liegen. Ein übergeordnetes Ziel sei jedoch für alle Distanzen gleich: Durch das aufeinanderfolgende Ansteuern der verschiedenen Muskelgruppen innerhalb von kürzester Zeit soll der Übergang von der Tret- in die Laufbewegung trainiert werden. Dabei gehe es neben dem Training der motorischen Fähigkeiten außerdem darum, sein Tempogefühl für das Laufen nach dem Radfahren zu schulen und zu wissen, wie sich das angepeilte Wettkampftempo anfühle, erklärt Lorang. Der Zustand, sich nach dem Absteigen vom Rad so zu fühlen, als würde man „auf rohen Eiern laufen“, dürfte den meisten Triathleten vertraut sein. Je schneller dieses Gefühl verschwindet, desto besser.
Trainingsinhalte und sukzessiver Aufbau
Unabhängig von der Wettkampfdistanz wird das Koppeltraining mit dem Saisonverlauf immer spezifischer. Entgegen der häufigen Annahme, dass Koppeltraining nur etwas in der spezifischen Wettkampfvorbereitung zu suchen hat, sollte es bereits deutlich vorher stattfinden und über einen längeren Zeitraum aufgebaut werden. An Koppeleinheiten, die so spezifisch sind, dass sie durch Umfang und Intensität eine Form der Wettkampfsimulation darstellen, sollte man sich zunächst über Monate herantasten. Bereits vier bis sechs Wochen nach dem Wiedereinstieg ins Training könne man im Winter nach Möglichkeit schon anfangen, kurze Koppeleinheiten ins Training zu integrieren, rät Dan Lorang: „Zuerst ist es vielleicht nach dem Rollentraining oder Spinning im Fitnessstudio nur das Anziehen der Laufschuhe und ein lockeres Traben um den Block von wenigen Minuten, bevor man den Prozess sukzessiv steigert. Je früher man anfängt, desto besser ist man für die wichtigen und spezifischen Koppeleinheiten in der Wettkampfvorbereitung gewappnet.“
Wichtig: Es sollte bei Koppelläufen kein Tempo angeschlagen werden, das nicht zuvor in eigenständigen Laufeinheiten vorbereitet wurde. Bevor höhere Intensitäten in den Koppeleinheiten auftauchen, sollten zunächst die Umfänge etwas erhöht werden. Sobald man die Einheiten nicht mehr nur im Grundlagenbereich zusammenfügt, gibt es viele verschiedene Kombinationen, wie man die Einheiten gestalten kann: ein Intervallprogramm auf dem Rad mit lockerem Anschlusslauf, eine lockere Radausfahrt mit einem kurzen, schnellen Anlaufen und längerem, lockerem Auslaufen, eine lockere Radfahrt mit einem Intervallprogramm im Koppellauf oder schließlich in der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung Koppeleinheiten mit spezifischen Intervallprogrammen beim Radfahren und Laufen.
Ein Richtwert für die maximale Distanz der Koppelläufe ist laut Dan Lorang die Hälfte der angestrebten Wettkampfdistanz. Also fünf Kilometer bei Kurzdistanzlern und ein Halbmarathon für Langstreckler. Dieser Mittelwert könne jedoch nach individuellen Stärken und Schwächen sowie der Verletzungsanfälligkeit des Athleten etwas variieren. Für Mittel- und Langdistanzler rät Lorang dazu, die Intervalle bei den Koppeleinheiten stets etwas über der angestrebten Wettkampfintensität beziehungsweise dem Wettkampftempo zu absolvieren. Erfahrene Athleten können sich hierbei auch auf ihr Belastungsgefühl verlassen und versuchen, die Einheiten darüber zu steuern.
“Keine Zeit für Ermüdung oder Wehwehchen”
Obwohl Koppeleinheiten eine notwendige Komponente in jeder optimalen Wettkampfvorbereitung sind, ist dabei stets höchste Vorsicht geboten. Denn besonders die Koppelläufe sind sehr belastend für den Körper sowie den passiven Bewegungsapparat und bringen ein erhöhtes Verletzungsrisiko mit sich: „Die Muskulatur ist müde, die Ansteuerung funktioniert nicht so gut, der Fuß wird nicht vernünftig aufgesetzt und die Hüfte ist nicht stabil. Diese Faktoren kommen entweder zur Geltung, wenn man gerade erst mit dem Koppeltraining in der Saison beginnt oder wenn man es mit den Umfängen und Intensitäten so sehr übertreibt, dass man vor Müdigkeit trotz hoher Fitness wieder in diese Muster zurück fällt“, erklärt Dan Lorang den schmalen Grat.
Aus diesem Grund verzichtet Lorang bei seinen Athleten sowohl auf intensive Mehrfach-Koppeleinheiten zwischen Radfahren und Laufen mit drei bis vier Durchgängen als auch auf lange Läufe von 25, 30 oder mehr Kilometern nach dem Radfahren bei seinen Langdistanzlern. Das Mehrfachkoppeln stelle eine schwer zu steuernde Belastung dar, bei der der Reiz schwer zu interpretieren, die Regenerationszeit aber immer sehr hoch sei. Solche Einheiten würden nur in Ausnahmefällen vorkommen, wenn ein Athlet massive Probleme mit dem Koppeln habe oder in der Vergangenheit sehr positive Erfahrungen mit dieser Methode sammeln konnte. Als falsch bezeichnet Lorang diese Trainingsinhalte trotzdem nicht: „Es gibt genug Trainer und Athleten, die sowohl das Mehrfachkoppeln regelmäßig einsetzen als auch lange Radfahrten mit langen Koppelläufen kombinieren. Ich sage nicht, dass das grundsätzlich falsch ist. Ich wäre nur immer sehr vorsichtig damit und will betonen, dass man damit gerade langfristig ein hohes Risiko in Bezug auf Verletzung und Ermüdung eingeht. Mein Trainingskonzept ist auf Konstanz ausgelegt. Da ist weder Platz noch Zeit für Einheiten, von denen man sich durch Ermüdung oder Wehwehchen drei bis vier Tage erholen muss.“
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