Immer mit der Ruhe: So geht Regeneration

Dass das Triathlontraining sehr anspruchsvoll sein kann, brauchen wir dir nicht zu erzählen. Je intensiver die Einheiten werden, desto wichtiger wird eine ausreichende Erholung. Wir zeigen dir die Grundlagen der Regeneration sowie sinnvolle Ergänzungen, die dich schnell und nachhaltig wieder fit machen.

Eisbad, Whirl­pool, Sauna, Massage, Yogaübungen oder in Kompressionskleidung auf der Couch liegen und einfach nichts tun: Es gibt viele Möglichkeiten, um die Regeneration nach einer anstrengenden Trainingseinheit oder nach dem Wettkampf voranzutreiben. Die Regenerationsformen können aktiver und passiver Natur sein und vielleicht hast du bereits herausgefunden, welche davon dir am wirkungsvollsten erscheint. Wichtig ist die Erholung zwar in jeder Sportart, doch im Triathlon gewinnt sie durch das Zusammenspiel der verschiedenen Disziplinen und die meist hohe Belastungsdichte noch mehr an Bedeutung. Die Ermüdung wird während anspruchsvoller Trainingsphasen zwangsläufig ansteigen, doch mit einer optimalen Regeneration solltest du diesen Vorgang so gut wie möglich ausgleichen. So bleibst du nicht nur frisch für die nächsten Einheiten, sondern bist auch weniger anfällig für Verletzungen. Das Potenzial schlummert sowohl in den einfachen Grundlagen als auch in der Nutzung praktischer Hilfsmittel.

Ab in die Werkstatt

Erst einmal klären wir, wieso und wovon wir überhaupt regenerieren müssen – das körperliche Training allein ist es nämlich nicht, das uns einiges abverlangt. In den meisten Fällen ist Triathlon nicht der einzige Lebensinhalt, sondern ein Hobby, das mit viel Leidenschaft und Zeitaufwand neben dem Alltag ausgeübt wird. Ohne ein gutes Zeitmanagement geht es nicht. „Arbeit, Sport, Psyche und auch die Ernährung sind meiner Ansicht nach die vier Säulen, welche die Regeneration beeinflussen und von denen wir regenerieren müssen“, sagt Shida Pourhosseini. Die 48-Jährige ist Expertin in Sachen Regeneration und betrachtet diese mit einem ganzheitlichen Ansatz. Mit ihrem Konzept, das Yoga mit mentalen Aspekten sowie einem optimalen Schlaf verbindet, hat sich die Darmstädterin auf die Bedürfnisse von Athleten spezialisiert. Zu ihren Klienten gehören unter anderem Schwimmer Marco Koch sowie der ehemalige Triathlonprofi Horst Reichel. „Um überhaupt Triathlon betreiben zu können, benötigen die Sportler ein stabiles Energieniveau. Eine fortschreitende Ermüdung muss vermieden werden und man sollte psychisch und physisch ausgeglichen sein“, sagt Pourhosseini. Selbst bei Agegroupern geht das Triathlontraining häufig über das Niveau moderaten Hobbysports hinaus. Es muss oft mit einem normalen Arbeitsalltag vereinbart werden und nimmt somit einen Großteil der Freizeit ein. Mehrere Einheiten am Tag sind keine Seltenheit und bei jedem Training wird der Organismus einem Reiz ausgesetzt, der sich je nach Trainingsinhalt und -ziel unterscheidet. Jeder dieser Reize führt zunächst zu einer Schädigung der betroffenen Strukturen, der Organismus wird geschwächt. Nach ungewohnten oder extremen Belastungen kennt jeder diese Schädigungen in Form von Muskelkater. Nach einer lockeren Einheit können wir schnell zur Tagesordnung übergehen, doch je intensiver eine Einheit war, desto wichtiger wird die Regeneration. Aber was ist das überhaupt? Die Regeneration kann gleichgesetzt werden mit der Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit. Zumindest kurzfristig, denn auf längere Sicht wollen wir diese durch das Training schließlich verbessern. Genau das funktioniert aber eben nur mit einer ausreichenden Erholung. Reparaturprozesse werden angestoßen und Zellen erneuert. Je nachdem welcher Reiz gesetzt wurde, kommt es beispielsweise zum Muskelwachstum oder zur Neubildung von Mitochondrien. Die Trainingsreize werden während der Trainingspause verarbeitet und dieser Prozess beginnt bereits unmittelbar nach der Einheit. Du hast also keine Zeit zu verlieren – das gilt besonders dann, wenn noch am gleichen Tag ein weiteres Training ansteht. Im Gesamtkontext des Triathlontrainings sind die Regenerationszeiten zwangsläufig recht kurz. In diesem Zusammenhang hast du bestimmt schon einmal vom sogenannten Open-Window-Effekt gehört. Nach dem Training ist das Immunsystem zunächst geschwächt. Wer die Regeneration nicht angemessen in Schwung bringt, riskiert einen Infekt oder Verletzungen.

Ruhephasen

Die wichtigste und ­effektivste Form der Regeneration ist der Schlaf. Damit du nachts schnell einschläfst und vom Tiefschlaf profitierst, solltest du frühzeitig für Entspannung sorgen. Lege das Smartphone weg und lies stattdessen lieber ein gutes Buch. Das Schlafzimmer sollte gut gelüftet und möglichst kühl sein. Wenn es zeitlich möglich ist, beispielsweise am Wochen­ende, ist ein kurzer Mittagsschlaf sinnvoll, um neue Kraft zu tanken.

Grundlagenforschung

Dass Sportler Wert auf ihre Erholung legen sollten, hat auch der Sportartikelmarkt erkannt. Das Angebot an regenerationsfördernden Produkten und Dienstleistungen ist mittlerweile riesig und vieles davon hat definitiv eine Berechtigung. Sinnvolle Hilfsmittel und Tools, mit denen du deinen beanspruchten Körper wieder instand setzen kannst, stellen wir dir separat am Ende des Artikels vor. Doch wie du bereits weißt, kommt es bei der Regeneration zunächst auf die „inneren Werte“ an und du solltest dich in erster Linie um die Grundlagen kümmern. Sie versprechen den nachhaltigsten Erfolg und sind durch kein Equipment zu ersetzen. „Die wichtigste und wirkungsvollste Form der Regeneration ist der Schlaf“, sagt Shida Pourhosseini. Mit ihren Athleten führt sie regelmäßig Analysen durch, bei denen der Schlaf elektronisch überwacht wird. „Die Regeneration ist im Triathlon kriegsentscheidend. Ich hatte das Gefühl, dass ich mich trotz viel Schlaf nicht richtig erhole und sehr unruhig bin“, erzählt Horst Reichel, der eine solche Analyse durchgeführt hat.


„Im Schlaf verarbeiten wir alles, was wir tagsüber erlebt und gelernt haben – sowohl kognitiv als auch körperlich“, erklärt Pourhosseini. Entscheidend sei vor allem die Schlafqualität und in diesem Zusammenhang der Tiefschlaf, denn während dieser Zeit liefen sämtliche Regenerationsprozesse ab. „Im Optimalfall sollten die Tiefschlafphasen in den ersten zwei Dritteln der Nacht stattfinden und 15 bis 25 Prozent der gesamten Schlafdauer ausmachen“, sagt sie. Die restlichen Anteile machen der Leichtschlaf sowie der sogenannte REM-Schlaf aus. REM steht für „Rapid Eye Movement“ und bezeichnet unsere Traumphasen. In jeder Nacht durchlaufen wir mehrere Schlafzyklen von jeweils 90 Minuten. Wenn wir mitten in einem solchen Zyklus aufwachen, fühlen wir uns oft müde und gerädert – egal, wie lang die Nacht insgesamt war. Es kann also besser sein, nur siebeneinhalb Stunden zu schlafen als die häufig empfohlenen exakt acht Stunden. Wie viel Schlaf insgesamt benötigt wird, ist individuell unterschiedlich. „Für die meisten Menschen sind sieben bis acht Stunden ein guter Richtwert“, sagt Pourhosseini. Nachholen könne man fehlenden Schlaf grundsätzlich nicht. „Viele Menschen neigen dazu, ein Schlafdefizit am Wochenende nachzuholen. Das sollte man auf keinen Fall tun und die Schlafenszeit möglichst beibehalten, um den Rhythmus nicht durcheinander zu bringen.“ Ein kurzer Mittagsschlaf von circa 20 Minuten sei derweil eine gute Möglichkeit, um das Nachmittagstief zu überwinden und sich beispielsweise für ein abendliches Training zu erholen. Es gibt viele Faktoren, die den Schlaf und somit auch eine optimale Regeneration stören können und diese zu eliminieren, ist im Alltag gar nicht so leicht. „Künstliches Licht, Koffein, privater oder beruflicher Stress, aber auch psychische Belastungen durch schlechte Nachrichten können sich negativ auf den Schlaf auswirken“, weiß Shida Pourhosseini. Ein Tipp, der sich leicht umsetzen lässt, ist die Nutzung der Nachtmodi bei Smartphone und Laptop. Eine Maßnahme, die den meisten Ausdauersportlern schon schwerer fallen dürfte, ist die Reduktion der Koffeinzufuhr. „Im Optimalfall sollte man bereits nach 14 Uhr keinen Kaffee mehr trinken“, sagt die Expertin. Gleichzeitig weiß sie, dass das nur selten die Realität abbildet. „Insgesamt sollte man versuchen, so früh wie möglich zur Ruhe zu kommen. Auch eine Trainingseinheit am späten Abend und ein spätes Abend­essen sind nicht ideal für die Schlafqualität.“

Störenfriede

Wer sich nicht ausreichend und bedarfsgerecht verpflegt, muss mit einer verzögerten Regeneration rechnen. Ebenso kann Alkohol als Übeltäter bezeichnet werden. Bereits kleine Mengen verhindern eine optimale Erholung und wirken sich negativ auf die Schlafqualität aus.

Zur Beruhigung: Selbst bei Profis läuft das nicht perfekt. „Ich habe erst einmal meine Schlafhygiene grundlegend hinterfragt. Ich gehe jetzt früher ins Bett, deutlich vor Mitternacht, und habe meinen Kaffeekonsum etwas reduziert. Den habe ich bislang sogar noch nach dem Abendessen getrunken“, sagt Horst Reichel. Beim Stichwort Ernährung kommen wir zum zweiten wichtigen Punkt der Regenerationsgrundlagen. Allein vom zeitlichen Ablauf steht sie an erster Stelle, um die Erholung einzuleiten und zu beschleunigen. Damit das bereits erwähnte „Open Window“ nicht empfänglich für Krankheitserreger ist, sondern für die Verarbeitung des Trainingsreizes genutzt wird, muss es schnell geschlossen werden. Und das gelingt mithilfe von Nährstoffen, die möglichst unmittelbar nach der Trainingseinheit zugeführt werden sollten. Kohlenhydrate und Proteine spielen dabei die Hauptrolle, wobei Erstere am „zeitkritischsten“ sind. Innerhalb der ersten 30 Minuten nach einer Trainingseinheit saugt der Körper sie auf wie ein Schwamm und dabei ist es egal, ob die Kohlenhydrate in fester oder flüssiger Form vorliegen. Eine Banane oder eine Saftschorle leisten schnelle Hilfe, bevor Sie eine vollwertige Mahlzeit zu sich nehmen, die dann unbedingt auch Protein enthalten sollte, um die Muskulatur zu füttern. „Ich komme mit einer ausgewogenen Mischkost am besten zurecht. Ich achte dabei aber darauf, dass ich mich trainingsspezifisch ernähre und in intensiven Trainingsphasen insgesamt mehr Kohlenhydrate zu mir nehme, in ruhigen Phasen dafür mehr Protein“, erzählt Reichel aus seiner aktiven Zeit als Profi.

Ernährung

Die Ernährung spielt neben dem Schlaf die wichtigste Rolle bei der Regeneration. Direkt nach einer Trainingseinheit, bestenfalls noch vor der Dusche, solltest du ­Kohlenhydrate­­ zuführen, die in dieser Phase besonders gut aufgenommen werden können. Danach gibt es eine ausgewogene und nährstoffreiche Mahlzeit, die dir beim Auftanken hilft.

Routiniert regeneriert

Die Grundlagen der Regeneration kennst du nun und du kannst für dich selbst herausfinden, an welchen Stellschrauben du noch drehen solltest. Anhand dieser Erkenntnisse erstellst du dir eine Art Erholungsfahrplan, an dem du dich im Trainingsalltag orientierst. Wie eingangs erwähnt, gibt es zusätzlich einige Maßnahmen, die du dir ergänzend zunutze machen kannst. Neben einem regelmäßigen Programm, das die allgemeine Beweglichkeit fördert, kann das beispielsweise die Massage mit einer Faszienrolle sein. Das muss nicht viel Zeit in Anspruch nehmen. „Das Faszientraining gehört mittlerweile zu meiner täglichen Stretching-Routine, die ich abends durchführe“, erzählt Horst Reichel. Mindestens zehn Minuten sollten es sein. „Ich nutze dabei die klassische Rolle oder kleinere Trigger-Tools, um einzelne Körperstellen gezielter zu bearbeiten“, so der Profi. Seit ein paar Jahren sind außerdem sogenannte Recovery-Boots in aller Munde. Sie bestehen aus mehreren Luftkammern, die aufgepumpt werden und rhythmischen Druck auf die Muskulatur ausüben. Dadurch soll die Durchblutung gefördert werden. „Ich nutze die Boots schon seit 2013 regelmäßig etwa zwei- bis dreimal pro Woche nach langen Trainingseinheiten“, sagt Reichel. Wie so oft gilt auch bei den Regenerationsmaßnahmen: Weniger ist manchmal mehr. Sämtliche Massagegeräte können deiner Erholung den letzten Schliff verleihen – aber nur, wenn du dich durch viele Gadgets nicht zusätzlich gestresst fühlst und die Grundlagen vernachlässigst.

Massage

Es gibt wohl kaum ­etwas Angenehmeres als eine ausgiebige ­Massage – selbst wenn sich das Wohlgefühl ­manchmal erst hinterher einstellt. Gönne dir ruhig regelmäßige Behandlungen beim Physiotherapeuten. Ergänzend solltest du selbst Hand anlegen – Faszienrollen und ­andere Massagegeräte sind sinnvolle Hilfsmittel.

Tools und Produkte zur Regeneration

  • Eine Schlafanalyse kann nicht nur Aufschluss darüber geben, wie lange du wirklich pro Nacht schläfst, sondern auch darüber, wie es um die Schlafqualität bestellt ist. Dafür sind die Tiefschlafphasen entscheidend. Das Analysetool der Firma Nambaya wird auf das Brustbein aufgeklebt und kann 24 Stunden getragen werden. In der Auswertung lässt sich schließlich feststellen, wann man sich in welcher Schlafphase befunden hat, wie viel man sich bewegt hat und in welcher Position man eingeschlafen und aufgewacht ist.
  • Die Faszienrolle ist ein echter Klassiker unter den Regenerationstools und ­sollte in keinem Athletenhaushalt fehlen. Die Selbstmassage soll die Durchblutung fördern und verklebte Strukturen lösen. Die Maßnahme ist damit sowohl zur kurzen Aktivierung vor einer Trainingseinheit als auch zur Entspannung danach geeignet. ­Neben der großen Rolle bieten die Hersteller auch weitere Ausführungen, beispielsweise in Form von Faszienbällen und teils mit ­Vibration an, mit denen sich schmerzhafte Triggerpunkte noch gezielter lösen lassen sollen.
  • TENS-Geräte arbeiten mit Reizstrom und werden vielfältig eingesetzt, beispielsweise zur Schmerztherapie. TENS steht für „transkutane elektrische Nervenstimulation“. Wirkungsvoll sollen die Elektroden sowohl bei Verspannungen als auch bei Krämpfen sowie Durchblutungsstörungen sein.
  • Eine Massagepistole ist ungefährlicher, als sie klingt. Mit verschiedenen Aufsätzen und unterschiedlichen Intensitätsstufen „hämmert“ das Gerät gegen die verspannte Muskulatur und soll diese lockern. Am angenehmsten ist der Effekt bei großen Muskelgruppen. Günstige Modelle gibt es bereits ab rund 60 Euro.
  • Recovery-Boots gehören mit Preisen ab rund 600 Euro definitiv zur High-End-Ausstattung, wenn es um die Optimierung der Regeneration geht. Die Boots üben mit mehreren Kammern Druck auf die Beine aus, beginnend an den Füßen. Die Kompression soll die Durchblutung fördern und beim Gefühl schwerer Beine helfen. Der Druck selbst kann zunächst unangenehm sein, doch wenn er sich je nach Rhythmus wieder löst, fühlen sich die Muskeln tatsächlich frischer an. Ob sich die Investition lohnt, hängt maßgeblich vom Trainingsumfang ab. Bei den meisten Veranstaltungsmessen kann man die Boots unverbindlich testen.

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