Kampf gegen die Kälte: So bleiben Hände und Füße warm
Unter freiem Himmel zu trainieren, ist für Triathleten im Winter eine besondere Herausforderung: Hände und Füße kühlen schnell aus und sollten auf dem Rad und der Laufstrecke warm gehalten werden. Wir verraten, mit welchen Tricks und welchem Equipment du dem Winter die kalte Schulter zeigen kannst.
Der menschliche Körper ist beeindruckend. Und pragmatisch. Er ist darauf ausgelegt, primär die lebenswichtigen Organe ausreichend mit Blut – und dadurch auch mit Wärme – zu versorgen. Bei Kälte bedeutet das, dass der Blutfluss in der Körpermitte im Fokus steht. Gefäße in Händen, Füßen, Armen und Beinen ziehen sich zusammen, das Blut fließt weniger stark in die Extremitäten. Das dürfte dir immer dann bewusst werden, wenn du bei niedrigen Temperaturen von einer Rad- oder eventuell auch Laufeinheit zurückkommst und du Hände und Füße vor Kälte nicht mehr richtig spüren oder bewegen kannst. Hände und Füße besitzen weniger schützendes Fettgewebe und nur sehr kleine Muskeln, die kaum Wärme produzieren. Deshalb kühlen sie besonders schnell aus. Der kalte Fahrtwind auf dem Rad und die kälteleitenden Materialien von Lenker und Pedalen verstärken diesen Effekt zusätzlich.
Kälteempfinden ist individuell
Wer nicht das große Glück hat, sein Wintertraining zumindest anteilig in den sonnigen Süden verlegen zu können, wird sich mit der rauen Realität unserer Breitengrade auseinandersetzen müssen. Wie so vieles im Sport ist das Kälteempfinden jedes Athleten individuell. „Ich friere eigentlich immer, auch bei gefühlten zehn Grad Celsius Außentemperatur“, sagt Trailrunner Moritz auf der Heide, der in seinen Trainingsplan zur Abwechslung auch Einheiten auf dem Rad integriert. „Ich muss mich gut darum kümmern, dass mir an Händen und Füßen nicht kalt wird.“ Auch im Vergleich zwischen Männern und Frauen gibt es Unterschiede. So frieren Männer weniger leicht, da sie für gewöhnlich mehr Muskelmasse besitzen, einen höheren Grundumsatz haben und dadurch mehr Wärme produzieren. Da die Haut von Männern zudem dicker und besser isoliert ist als bei Frauen, geben sie weniger Wärme ab. Darüber hinaus hängt es auch immer von unserer aktuellen Verfassung ab, was wir als kalt empfinden.
Um die Extremitäten an kalten Tagen warm zu halten, reicht die mögliche Palette von handelsüblichem Equipment bis hin zu Lifehacks, die wundersame Lösungen versprechen. Wichtig: Was beim Fahrradfahren im Kampf gegen die Kälte funktioniert, muss beim Laufen nicht unbedingt genauso effektiv sein oder kann sogar zu Problemen führen. Eines aber hat die Ausrüstung in beiden Fällen gemeinsam: Sie sollte atmungsaktiv sowie wasser- und winddicht sein. Wir geben einen kleinen Überblick, was wirklich hilft.
So hältst du die Füße warm
Durch den Fahrtwind und dadurch, dass die Füße per se kaum in Bewegung sind, sollten sie auf dem Rad besonders geschützt werden. Die Kältebrücke schlechthin besteht beim Übergang vom Pedal zum Radschuh, wo es durch Öffnungen, Metallgewinde und Schrauben nur so zieht. Diese Kältebrücke ist schwer einzureißen, kann aber zumindest ein wenig durchbrochen werden. Mit Thermoeinlegesohlen isolierst du den Schuh von innen. Modelle, die zur Pedale hin mit einer Aluminiumbeschichtung versehen sind und den Fuß mit einer Oberfläche aus zum Beispiel Wolle wärmen, bieten einen guten Kälteschutz. Aus Gründen der Nachhaltigkeit sollten selbstwärmende Einlegesohlen nur bedingt verwendet werden. Solltest du auf deine spezielle Schuheinlage nicht verzichten können, ist es möglich, ein Stück Alufolie oder Rettungsdecke zwischen Sohle und Schuh auszulegen. Diese Alternative hat einen ähnlichen, wenn auch nicht gleichwertigen Effekt, ist aber aus Gründen der Nachhaltigkeit ebenfalls kritisch zu sehen. Oder du setzt auf Großvaters Geheimtipp von anno dazumal: ein Stück altes Zeitungspapier. Das ist zumindest besser als nichts.
Die Füße oder Zehen selbst können ebenfalls in Alufolie eingewickelt werden. Zu viel solltest du dir davon allerdings nicht versprechen, genauso wie von dem Lifehack, die Füße samt Socken in eine Plastiktüte – etwa einen Gefrierbeutel – zu stecken, bevor man den Schuh anzieht. Das birgt die Gefahr, dass Schweiß nicht abfließen kann, die Füße im Schuh „schwimmen“ und durch den Fahrtwind auskühlen.
Da sich Ärmelkanalschwimmer vor ihrem Abenteuer für den Kälteschutz reichlich mit Vaseline einschmieren, hat sich dieser Trend ebenfalls bis zu einigen Radfahrern herumgesprochen. Die Füße mit Vaseline einzureiben, kann Scheuerstellen vermeiden und in gewissem Maß das Auskühlen abschwächen, allerdings kann es eine schmierige Angelegenheit werden. Vaseline zieht nicht in die Haut ein und kann sich in der Kleidung festsetzen.
Die vorgestellten Lösungen können das Fahren in der Kälte erträglicher machen. Wer aber wirklich warme Füße behalten möchte, der sollte im Winter in richtiges Equipment investieren. Speziell für die kalte Jahreszeit entwickelte Radschuhe bieten Wind, Wasser und Kälte weniger Schlupflöcher durch reduzierte Nähte, den Verzicht auf Lüftungsschlitze und einen höheren Schaft. Ein Extremsportler, der viel Erfahrung hinsichtlich des Kälteschutzes und Equipments mitbringt, ist Jonas Deichmann. Auf sein Abenteuer beim Triathlon rund um die Welt hat sich der 34-Jährige unter anderem in der Kältekammer der Deutschen Bahn vorbereitet, um sicherzugehen, dass ihm im sibirischen Winter keine Erfrierungen drohen. „Bei den Schuhen gibt es für mich keine Alternative zu richtigen Winterstiefeln für das Rad. So ist mir nie kalt geworden an den Füßen“, betont Deichmann. Moritz auf der Heide sieht es ähnlich. „Beim Fahrradfahren verzichte ich lieber auf Überziehschuhe aus Neopren, weil auch dort irgendwann von unten die Nässe reinkriecht. Ich setze lieber auf Winterschuhe und warme Socken.“
Vermeide allerdings den Fehler, die Schuhe zu klein zu kaufen. Schon deine gewohnte Schuhgröße kann für die Winterstiefel unpassend sein. Du wirst tendenziell mit dickeren Socken auf das Rad steigen und benötigst mehr Platz im Schuh, auch, um eine gewisse Luftschicht zwischen Fuß und Außenmaterial zur Wärmeisolation zu gewährleisten. Wenn du Thermosocken wählst, die du über die Wade ziehen kannst, schließt du eine weitere Kältebrücke beim Übergang zwischen Schuhschaft und Radhose. Socken aus Merinowolle haben ebenfalls gute wärmeisolierende Eigenschaften.
Denke auch daran, ein Verschlusssystem zu wählen, das du mit Handschuhen bedienen kannst– und die Schuhe weniger fest zu schnürst, als du es eventuell aus dem Sommer gewohnt bist. Das mag sich zunächst ungewohnt anfühlen, aber so verhinderst du, dass Blutgefäße abgedrückt werden und die Wärmezufuhr in den Fuß erschwert wird. Den Effekt kannst du selbst testen, indem du bei einer Ausfahrt einen Schuh hauteng schnüren und den anderen weniger fest anlegst. Beim Laufen dagegen sollten die Socken hauteng sitzen. „Da darf keine Luftschicht entstehen, weil man sonst Probleme mit Scheuerstellen bekommen kann“, erklärt Moritz auf der Heide.
Strategien gegen kalte Hände
Natürlich solltest du auch deine Hände vor der Kälte schützen. Vor allem auf dem Rad sind sie permanent dem Wind und der Witterung ausgesetzt. Greife daher in jedem Fall zu atmungsaktiven, wind- und wasserdichten Handschuhen. „Wer wirklich warme Hände haben möchte, sollte auf Handschuhmodelle setzen, bei denen jeweils zwei Finger zusammen untergebracht sind: der kleine und der Ringfinger sowie der Zeige- und Mittelfinger, während der Daumen separat Platz findet“, spricht sich Jonas Deichmann für die sogenannten Lobster- oder Hummer-Handschuhe aus. „Diese Kombination funktioniert beim Radfahren am besten und bringt wirklich viel. Auf der einen Seite wärmen sich die Finger so gegenseitig, auf der anderen Seite lässt sich noch angenehm schalten und bremsen.“ Nicht viel hält der Abenteurer dagegen von Unterziehhandschuhen. „Modelle aus Seide oder Merinowolle werden zwar oft mitverkauft, aber darauf würde ich verzichten, weil der Effekt, dass sich die Finger gegenseitig wärmen, dadurch verloren geht.“
Wie bei den Füßen sollten auch die Handschuhe nicht zu eng sitzen, um ein wärmeisolierendes Luftpolster zwischen Haut und Handschuh zu ermöglichen. Zu weit sollten die Modelle indes auch nicht sein, da sie ansonsten zu locker sitzen könnten. Wer länger auf dem Rad unterwegs ist, kann darüber nachdenken, ein zweites Paar Handschuhe in einer Plastiktüte am Körper zu tragen und nach zwei von vier Stunden hervorzuholen. Das kann deine Trainingswelt auf dem Heimweg wieder erträglicher machen. Verzichte in Bezug auf deine Füße aber lieber auf eine ähnliche Option: Ein Sockenwechsel wäre viel zu aufwendig.
Da deine Hände beim Laufen nur bedingt Arbeit verrichten, können sie ebenfalls schnell auskühlen. Moritz auf der Heide empfiehlt: „Wenn es richtig kalt wird, trage ich zwei Paar Handschuhe. Das innere enganliegend, das darüber richtig weit, damit sich eine Luftschicht zwischen beiden bildet und die Wärme drinbleibt. So bin ich auch für Einheiten bei minus 15 Grad gewappnet.“ Generell empfiehlt es sich, während einer Trainingseinheit in der Kälte die Durchblutung in den Extremitäten zu fördern. Durch Armkreisen bringst du das Blut bewusst bis in die Fingerspitzen. „Wenn man das 20- bis 30-mal macht, merkt man, wie warm es wieder wird“, so auf der Heide. Auch schnell auf der Stelle laufen, zum Beispiel mit Skippings, leitet das Blut in die richtigen Bahnen. Einstreuen lassen sich diese Übung regelmäßig, wenn es zu kalt wird, selbst bei Pausen auf dem Rad.
Wenn dir der Start in die Kälte schwerfällt, versuche es mit einem simplen Trick: Lege sämtliche Trainingskleidung samt Schuhen vor der Einheit auf die Heizung und schlüpfe kurz vor Beginn in das warme Equipment. So lassen sich die ersten Momente leichter überstehen, bis dein Körper auf Betriebstemperatur ist. Solltest du (noch) zu den Frostbeulen gehören, gibt es derweil eine gute Nachricht für dich: Kälte auszuhalten, lässt sich lernen. Mache deine Kälterezeptoren unempfindlicher, indem du im Winter regelmäßig ins Freie und in die Sauna gehen, Wechselbäder nimmst und dich alternierend kalt und warm abduschst.
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