Ohne Mampf kein Kampf: So bringst du Training und Ernährung in Einklang

Wer Triathlon betreibt, wird das kennen: morgens gleich nach dem Aufwachen schnell die Schuhe schnüren und das Haus für ­einen längeren Dauerlauf verlassen. Danach kommst du zwar hungrig zurück, hast aber keine Zeit zum Früh­stücken, weil die Arbeit wartet. So befindest du dich gleich zu Beginn des Tages in einem Kaloriendefizit, das schwer wieder auszugleichen ist. Auf Dauer mangelt es dir dadurch an Erholung und Antrieb für die nächste Trainingseinheit. Dabei ist die richtige Ernährungsstrategie so wichtig. Wir erklären dir, wie du dich zu welchem Tageszeitpunkt richtig verpflegst und welche Nährstoffe dich beim Erreichen deiner Ziele unterstützen.

Nüchterntraining?

Bei der Wahl der richtigen Ernährungsstrategie sind vor einer Trainingseinheit der ­Tageszeitpunkt und die Art der Belastung ausschlaggebend, also ob die Belastung niedrig- oder hochintensiv ist. Bei einer Trainingseinheit am Morgen etwa ist es nicht immer ratsam diese im nüchternen Zustand, also ohne vorherige Nahrungsaufnahme zu absolvieren. Obwohl die Metho­de zu einer vermeint­lichen Verbesserung des Fettstoffwechsels in jüngerer Vergangenheit immer mehr in Mode gekommen ist, sollte das Nüchterntraining nicht ausgereizt werden. „Auch ohne Nüchterntraining ist der Fettstoffwechsel gut trainierbar“, sagt Dr. Oliver Quittmann vom Institut für Bewegungs- und Neurowissenschaft an der Deutschen Sporthochschule Köln. „Generell wäre ich damit sehr vorsichtig, denn man muss sich bewusst machen, dass Nüchterntraining immer einen höheren Reiz darstellt. Auch wenn ich locker trainiere, kann der Kohlenhydrat­umsatz ­größer als der von Fetten sein. Das kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass man über ­einen längeren Zeitraum in einen katabolen Zustand rutscht.“

Das Nüchterntraining biete sich nur bei niedriginten­siven Einheiten an. „Es sollte auf alle Fälle nicht jeden Tag stattfinden und das Training darf dann nicht zu lang sein. Einen Lauf würde ich auf sechs bis acht ­Kilometer begrenzen. Nüchterne Einheiten, die an die zwei Stunden gehen, sind ein No-Go“, so der Sportwissenschaftler.

Gerade Frauen sollten das Thema mit Vorsicht genießen. Wird die negative Energie­bilanz nach einer nüchternen Einheit nicht sofort wieder ausgeglichen, lässt dies den Cortisolspiegel ansteigen und führt zu einem hormonellen Ungleichgewicht.

Deshalb ist es gerade bei fordernden Einheiten wie etwa Intervalltrainings am Morgen zwingend notwendig, Kohlen­hydrate zuzuführen, um eine zu starke Absenkung des Blutzuckerspiegels zu vermeiden und einer chronischen Glykogenverarmung vorzubeugen. Hier eignen sich schnell verfügbare Energiequellen wie ein Kohlenhydratgel, ein Toast mit Honig oder eine Banane.

Beim Training am Nachmittag ist vor allem die Art der Einheit entscheidend für die optimale Ernährungsstrategie. Steht ein lockeres Training zur Verbesserung des Fettstoffwechsels an, ist es ratsam, etwa ein bis zwei Stunden vorher keine Kohlenhydrate mehr zu konsumieren. Bei einer Intervalleinheit sieht das anders aus. Hier ist es essenziell, die Kohlenhydratspeicher ausreichend aufgefüllt zu haben, um die bestmögliche Leistung bringen zu können. „Bei einer intensiven Laufeinheit ist es wichtig, etwa ein bis zwei Stunden vorher noch einmal mit Kohlen­hydraten nachgelegt zu haben. Insbesondere weil der Magen-­Darm-Trakt beim Laufen aufgrund der Erschütterungen auf eine andere Art zusätzlich gefordert wird, sollte der Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme rechtzeitig vor dem Training gewählt werden“, sagt Quittmann. Allerdings ist die Empfindlichkeit des Magens beim Laufen von Athlet zu Athlet unterschiedlich.

Wer zum Mittagessen ausreichend Kohlenhydrate zu sich nimmt, ist für eine ­knackige Einheit am Nachmittag bestmöglich verpflegt. Sollte das Training aber eher gegen Abend angesetzt sein, ist ein kleiner Snack zwischendurch ratsam. Hier setzt auch das Prinzip „Train high/Train low“ an: Nach einer intensiven Einheit am Nachmittag, die mit gefüllten Glykogenspeichern absolviert wurde („Train high“), sind diese erschöpft und werden durch eine kohlenhydrat­arme Mahlzeit im Anschluss nicht direkt wieder aufgefüllt. Am nächsten Tag folgt morgens eine lockere Einheit („Train low“). Erst danach werden ­wieder Kohlenhydrate zugeführt. So ist der akute Bedarf für die jeweilige Einheit ab­gedeckt, um sowohl bei intensivem Training die bestmögliche Leistung zu bringen, als auch den Fettstoffwechselreiz am Morgen zu ­erhöhen.

Konstant zuführen

Auch während des Trainings ist die Ernährung im Auge zu behalten, hier jedoch besonders in Abstimmung auf die Länge der Belastung: „Einheiten von 60 bis 90 Minuten sind erst einmal grundsätzlich ohne eine zusätzliche Kohlen­hydratzufuhr zu bewältigen. Hier gilt es jedoch besonders zu beachten, wie ich mich bis dahin verpflegt habe“, erklärt Quittmann. Solltest du beispielsweise wenig Nahrung zum Frühstück oder auch über den Tag hinweg zu dir genommen haben, ist es bei kürzeren oder weniger intensiven Einheiten ratsam, lieber im Vorfeld mit Kohlenhydraten nachzulegen, um einen Leistungsabfall und Unwohlsein zu vermeiden. Dies gilt ebenso, wenn Inter­valle anstehen.

Bei längerem Training ist es derweil zwingend notwendig, während der Belastung Energie zuzuführen. Hier ist man mit 30 Gramm Kohlenhydraten pro Stunde in der Regel gut versorgt. Einheiten mit einer Länge von mehreren Stunden sollten jedoch nur dann absolviert werden, wenn Zugriff auf eine Kohlenhydratquelle wie Riegel oder Gel besteht.

Quittmann empfiehlt, bei längeren Belastungen ein Getränk mit einer Kohlenhydratlösung dabeizuhaben. Das sollte etwa sechs Gramm Kohlenhydrate pro 100 Milliliter enthalten und läge somit auf dem Niveau von Apfelschorle. Führst du während der Belastung zu wenig Kohlenhydrate zu oder gehst im defizitären Zustand in die Einheit, ist die Gefahr des klassischen Hunger­asts zu groß. Steht dir keine Energie mehr zur Verfügung, sinkt deine Leistungsfähigkeit drastisch ab, du hast das Gefühl, als würdest du gegen eine Wand anlaufen. Proteine und Fette, wie sie etwa in leicht verdaulichen Müsli­riegeln vorkommen, müssen dagegen erst ab einer Trainingsdauer von mehreren Stunden zugeführt werden.

Priorität Nachversorgung

Trotz der niedrigen Intensität des Nüchterntrainings ist eine direkte Verpflegung nach der Einheit äußerst notwendig, da du sonst Gefahr läufst, in eine Hypoglykämie zu kommen, also eine Unterzuckerung. Um das zu vermeiden, eignet sich ein Mix aus Kohlenhydraten und Proteinen, beispielsweise Haferflocken mit Joghurt und Obst oder Reis mit Gemüse und einer Eiweißquelle. Wenn du etwa innerhalb einer Stunde nach dem Training keine Gelegenheit zum Essen gehabt hast, ist ein Proteinshake oder ein selbst gemachter Smoothie zunächst ausreichend. Auch ein Kakao mit etwas Salz ist erwiesenermaßen ein geeignetes Getränk, um die Regeneration voranzutreiben.

Die Verpflegung nach niedrig- oder hochintensiven Einheiten unterscheidet sich nicht. Lediglich die Menge an Kohlenhydraten sollte nach HIT-Trainings einen größeren Anteil an der Gesamtnahrungsmenge haben, da das „Window of Opportunity“ hier eine dringendere Notwendigkeit besitzt: Dieses Fenster ist etwa 30 bis 60 Minuten nach der Belastung „geöffnet“ und stellt den Zeitraum dar, in der die Muskulatur am stärksten auf zugeführte Nahrung anspricht und diese Anpassungen im Körper induziert. Führst du nicht direkt etwas zu, stellt das aber keine Gefahr für dein Training dar: „Wenn ich nach einem Nüchterntraining nicht direkt etwas zuführe und anschließend auf der Arbeit aufgrund von Stress auch nicht viel Zeit habe, mich zu verpflegen, bin ich den Großteil des Tages in einem katabolen Zustand. Das ist für eine optimale Trainingsanpassung nicht zielführend. Allerdings ist es nicht so, dass der Trainingsreiz komplett verloren geht, wenn ich nicht innerhalb von 30 Minuten nach einer Einheit Nahrung zu mir nehme“, erklärt Oliver Quittmann. Die Menge der zuzuführenden Kohlen­hydrate sollte nach dem Training etwa ein bis 1,2 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht betragen, mit einer Proteinmenge von 20 bis 40 Gramm bist du ebenfalls gut versorgt.

Möchtest du deine Regeneration durch Nahrung noch weiter vorantreiben, könnte dabei Protein in Form von Kasein helfen. „Kasein verweilt relativ lange im Körper, wodurch ein längerer anaboler Effekt eintreten soll. Kasein finden wir typischerweise in Magerquark oder anderen Milchprodukten. Es sollte abends oder kurz vor dem Schlafen gegessen werden, um über Nacht die Protein­biosynthese am Laufen zu halten. Andere Aminosäuren werden schneller aufgenommen und gehören eher in einen ­Shake“, so Quittmann. Die ­Effekte von Kasein sind nur zum Teil belegt, jedoch scheint es eine Tendenz zu einem gesteigerten Metabolismus während des Schlafs zu geben.

Essen soll Spaß machen

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich sowohl ­deine Alltagsernährung um dein ­Training als auch dein Training um deine Alltagsernährung drehen sollte. Und obwohl die ­Arten der Makronährstoffe (Fette, Proteine, Kohlen­hydrate) stets gleich bleiben, verändert sich ihre Zusammensetzung in ­deiner Gesamt­ernährung im Laufe des Jahres. Achte während intensiver Trainingsphasen darauf, viele Kohlenhydrate zuzuführen, um eine ausreichende Versorgung deiner Muskulatur zu gewährleisten und deine ­Glykogenspeicher stets gefüllt zu halten.

In weniger intensiven Phasen kannst du ruhig etwas Abwechslung in deine Ernährung bringen und auf weniger Kohlen­hydrate, dafür mehr auf Fette und ­Proteine setzen. So passt du dich an eine geringere Energieverfügbarkeit an. Je näher der Wettkampf rückt, desto wichtiger ist die Zufuhr von Kohlenhydraten.

Lebensmittel, die reich an ­Betacarotin, Vitamin C, Vitamin E und Zink sind, unter­stützen derweil dein Immunsystem und halten dich auch jetzt im Winter fit. Eine zusätzliche Einnahme von Vitamin D ist ebenfalls empfehlenswert, da gerade in der dunklen Jahreszeit aufgrund des Lichtmangels nur wenig Vitamin D ge­bildet wird.

Am wichtigsten ist es jedoch, den täglichen Kalorienbedarf zu decken und auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung zu setzen. Wenn es einmal schnell gehen muss, ist jedoch der Griff zu einem Burger oder einer Pizza nicht gleich verwerflich.

„Grundsätzlich würde ich sagen, dass die Ernährung nicht das Entscheidende ist und man sich nicht auf ­bestimmte Ernährungsprinzipien versteifen sollte. Für mich gehört zur Ernährung neben Kohlenhydraten, Fetten und Eiweißen auch, dass man auf das Essen Lust hat und das ­Genießen zu schätzen weiß. Und die gesamte Energie­zufuhr nicht ausschließlich über eine bestimmte Wirkungsweise interpretiert“, sagt Oliver Quittmann. Denn geht erst einmal der Spaß am Essen und an der Ernährung generell verloren, ist es schwer, das ­ganze Jahr über konstante Leistungen zu ­bringen.

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