Pain-Cave-Guide Teil 2: Trainingseinheiten und ihr Aufbau
Leistung bestimmen
Für eine gezielte Trainingssteuerung – nicht nur beim Indoortraining – ist eine Leistungsdiagnostik optimal. Wenn du deine Trainingsbereiche nicht kennst, sollte zumindest ein FTP-Test vor deinem Trainingsstart oder in den ersten Wochen anstehen. So kannst du ohne Laborbedingungen eine relativ valide Aussage über den Zustand deiner körperlichen Leistungsfähigkeit erhalten. FTP steht für Functional Threshold Power und gibt die Intensität in Watt an, die ein Sportler bei Ausbelastung über einen Zeitraum von einer Stunde durchschnittlich maximal erreichen kann. Insofern stellt die FTP eine Dauerbelastungsgrenze im Steady State dar, bei der die Prozesse des Energiestoffwechsels gerade noch im Gleichgewicht stehen, und kann auch als Schwellenleistung definiert werden.
Da es nahezu unmöglich ist, die Belastung über einen Zeitraum von 60 Minuten so zu steuern, dass mit Ablauf der Zeit keine weitere Leistung mehr erbracht werden kann, haben sich kürzere Testverfahren etabliert, die du am besten unter immer identischen Bedingungen absolvierst. So erhältst du bei nachfolgenden Leistungstests vergleichbare Werte.
Beim Rampentest steigert der Smarttrainer nach einer Warm-up-Phase kontinuierlich den Widerstand, bis du die Belastung abbrechen musst. Beim Test der Trainingsplattform Zwift beispielsweise wird der Widerstand ausgehend von 100 Watt jede Minute um 20 Watt erhöht. Aus der kumulierten Belastung und den in den letzten Minuten erreichten Leistungen errechnet die Software deine FTP. Da die Belastung des Rampentests nur in den letzten drei bis fünf Minuten richtig anstrengend wird, lässt sich dieser Test regelmäßig zur Leistungsbestimmung in den Trainingsplan integrieren.
Beim 20-Minuten-Test dauert das gesamte Testprotokoll rund 75 Minuten. Drei Stunden vor dem Start solltest du ausreichend Kohlenhydrate zugeführt haben, um die Versorgung sicherzustellen. Das Protokoll beginnt für 20 Minuten im G1-Bereich, ehe drei Rampen folgen, deren Intensität sich von der erwarteten oder bisher gemessenen FTP ableitet – du fährst ohne Pause dreimal jeweils 20 Sekunden lang bei 90, 110 und 130 Prozent der FTP. Im Anschluss folgen fünf Minuten bei 60 Prozent der FTP und eine intensive Vorbelastung von fünf Minuten im überschwelligen Bereich bei 110 Prozent. Anschließend stehen wieder zehn Minuten bei 60 Prozent an. Erst dann beginnt der eigentliche Test über 20 Minuten, bei dem es darum geht, die höchstmögliche maximale Durchschnittsleistung zu treten. Es kommt auf ein gutes Belastungsgefühl an, was gerade Einsteiger vor Probleme stellen kann. Nach 20 Minuten rollst du zehn Minuten aus. Um deine FTP zu errechnen, ziehst du von der Durchschnittsleistung des 20-Minuten-Tests fünf bis zehn Prozent ab. Die resultierende FTP ist Basis für die Berechnung deiner Belastungszonen. Nachdem du die FTP ermittelt hast, kannst du ins Training starten.
Zielsetzung
Beim Indoortraining stellen sich zwei grundlegende Fragen. Welche Ziele verfolgst du? Und was bereitet dir das größte Vergnügen? Die Schnittmenge aus beiden Antworten definiert die Art deiner Einheiten. Bei einer freien softwaregesteuerten Radausfahrt steht das Vergnügen am Sport im Fokus. Du kannst an Challenges teilnehmen und dir Wochenziele setzen – aber eine genaue Trainingssteuerung findet nicht statt. Ernster geht es bei Rennen zu. Bei dieser Variante trittst du in Echtzeit gegen sportliche Konkurrenten an, die in ihren Pain Caves pedalieren. Voraussetzung, um in diesem Bereich erfolgreich zu sein, sind Erfahrung, taktische Entscheidungen – und bereits eine gewisse körperliche Leistungsfähigkeit. Rennen sollten also in der Reihenfolge nach dem Training kommen. Das bildet den dritten Bereich. Nutze das zielorientierte Training, um deiner Wettkampfform näherzukommen.
Verschiedene Modi
Beim Indoortraining stehen dir zwei Modi zur Verfügung. Nutzt du den Sim-Modus, simuliert dein Smarttrainer und die Trainingssoftware vereinfacht ausgedrückt eine freie Ausfahrt. Die Belastung ergibt sich aus der Kombination der virtuellen Topografie der gewählten Strecke und der Intensität. So muss bei Bergauffahrten wie in der Natur mehr Kraft aufgewendet werden, weil sich der Widerstand erhöht. Die Wattzahl steigt mit steigender Trittfrequenz, da die Leistung physikalisch vereinfacht definiert das Produkt aus der angewandten Kraft und der Trittfrequenz ist.
Eine gezieltere Trainingssteuerung ermöglicht der ERG-Modus. ERG ist vom griechischen Wort „Ergasia“ („Arbeit“) abgeleitet. In diesem Modus sorgt die Software dafür, dass du stets die gleiche Leistung fährst. Daher spielt auch die Geländetopografie keine Rolle. Erhöhst du die Trittfrequenz, reduziert der Smarttrainer den Widerstand, damit du dieselbe Leistung erbringst. Unabhängig von der Trittfrequenz, die individuell ist, im Idealfall aber zwischen 70 und 100 Umdrehungen pro Minute liegen sollte, fährst du also immer dieselbe gewählte Intensität. Auch nach Schaltvorgängen regelt der Smarttrainer den Widerstand nach.
Aufbau der Trainingseinheiten
Der zeitliche Gewinn durch Indoortraining ist ein großer Vorteil. Selbst kurze Einheiten von 30 Minuten können einen Effekt haben, zum Beispiel zur Kompensation nach einem harten Lauf. Die meisten Intervallprogramme lassen sich in Sessions von 60 bis 90 Minuten einbauen. Dabei gibt es einige feste Bausteine. So solltest du das zehnminütige Warmfahren bei steigenden Intensitäten von 50 bis 66 Prozent der FTP nicht vernachlässigen. Intervallblöcke enthalten Be- und Entlastungsphasen, wobei letztere im G1-Bereich gefahren werden, genauso wie du nach einem Intervallblock eine Weile in diesem Bereich ausfährst. Rollpausen gibt es nicht. Da der Smarttrainer unter Umständen die Verbindung zur Trainingsplattform kappt, wenn nicht getreten wird, werden die Einheiten durchpedaliert – es ist einer der großen Unterschiede zum Outdoorradfahren.
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