Schritt für Schritt: Mit Konstanz im Training zum Erfolg

Konstanz im Training ist der Schlüssel zum Er­folg, da sind sich Trai­ningswissenschaftler sicher. Je größer der Zeitraum ist, den man unterbrechungs­frei trainieren kann, desto mehr verbessert sich in der Regel ein Athlet. Doch gerade diese Konstanz ist im Ausdau­ersport schwer zu erreichen. Denn neben diesem Hobby sind vor allem Beruf und Fa­milie zwei große Faktoren, um die das Training von Woche zu Woche und Monat zu Monat geplant und angepasst werden muss. So werden manche Ein­heiten wegen des Zeitmangels oft spätabends oder frühmor­gens absolviert, ohne auf aus­ reichende Erholungszeiten zu achten. Einige Triathleten wer­den zum „Weekend­ Warrior“ und wollen alle Trainingsein­heiten nachholen, die sie unter der Woche aufgrund von Stress und Zeitmangel verpasst ha­ben. Dass das nicht unbedingt die richtige Herangehenswei­se ist, ist vielen unklar. Denn nicht nur die absolvierten Ein­heiten helfen, sich zu verbes­sern, sondern vor allem eine ausreichende Kalorienzufuhr sowie Erholung und Schlaf. Wir sagen dir, wie du das Beste aus dem Training herausholen kannst, ohne schlechtes Gewis­sen, die eine oder andere Ein­heit verpasst zu haben, und wie du dich durch Konstanz und Kontinuität im Training immer mehr verbesserst.

Viel hilft viel, aber …

Dass mehr Training zu schnel­leren Zeiten führt, klingt nicht nur logisch, sondern ist auch wissenschaftlich belegt. In einer Studie der University of Madrid mit Langdistanztriathleten stellten Iker Muñoz und Kolle­gen 2014 fest, dass Sportler, die einen Großteil des Trainings in der niedrig intensiven Zone ver­brachten, also oft lange Grund­lageneinheiten absolvierten, im Wettkampf signifikant besser abschnitten als Athleten, die viele Intensitäten in ihr Trai­ning einbauten. Das heißt aber nicht, dass Intensitäten ver­mieden werden sollten. Je nach Saisonzeitpunkt müssen diese sogar in das Training integriert werden, um den Athleten an die Belastung zu gewöhnen und rennspezifische Reize zu set­zen. Dieser Teil sollte dennoch nicht zu umfangreich ausfallen. Geht man von einer Drei­-Zonen­-Trainingsintensitätsverteilung aus, sollten intensive Einheiten an der Schwelle (Zone zwei) und darüber (Zone drei) kombiniert etwa 20 Prozent des Trainings einer polarisierten Verteilung ausmachen. Denn zu intensives Training kann schnell zu Überbelastungen führen. Um eine Leistungsstagna­tion zu vermeiden, ist es jedoch wichtig, die Belas­tung über das ganze Jahr progressiv zu steigern. Nur durch adäquat hohe Reize können sich Muskeln, Sehnen, Bänder und das Herz­-Kreislauf-­System an die steigenden Um­fänge und Intensitäten gewöhnen und Anpas­sungen in Form von etwa Hypertrophie oder einer Verbesserung der VO2max hervorrufen.

Im Sinne des Prin­zips des funktionellen Overreachings ist eine starke Beanspruchung des Körpers, etwa in ei­nem Trainingslager, er­wünscht. Hier wird ein leichter Leistungsabfall aufgrund von sehr hohem Trainingsvolumen in Kauf genommen, anschließend aber durch ausreichende Erholungszeit wieder aus­geglichen. Nur so können die Reize verarbeitet werden, ohne sich dabei dauerhaftem Stress auszusetzen. Geschieht dies nicht, kann man aus dem Overreaching schnell in das Übertraining rutschen. Werden zu schnell neue Trainingsreize gesetzt, obwohl vorherige noch nicht verarbeitet wurden, ent­wickelt sich über die Zeit eine starke Leistungsabnahme, die auch schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben kann. Übertraining äußert sich vor allem durch Abgeschlagenheit, depressive Stimmung oder eine schlechte Schlafqualität, kann in manchen Fällen sogar in ein Pfeiffersches Drüsenfieber ausarten.

Auch die Verletzungsanfäl­ligkeit nimmt durch Übertrai­ning zu. Aufgrund des hohen Kalorienumsatzes kommt es zu Proteinmasseverlusten, die sich besonders auf die Funkti­on der Muskulatur auswirken. Des Weiteren kann es zu einem Zellsterben führen. Daher ist es wichtig, der Psyche und dem Körper ausreichende Pausen zu erlauben. Hier liegt die Emp­fehlung bei einer klassischen Periodisierung, etwa alle drei bis vier Wochen den Fuß vom Gas zu nehmen und eine Ent­lastungswoche einzubauen.

Volumen langsam steigern

Gerade jetzt im Winter steigt die Belastung nach der Off­-Season wieder an. Du wirst fitter und fitter und somit er­höht sich auch dein wöchent­licher Trainingsumfang. Doch obwohl die Trainingseinheiten immer länger werden, ist es wichtig, es gerade am Anfang nicht zu übertreiben. Über die trainingsfreie Zeit hast du dich physisch und psychisch erholt und musst dich an die steigen­de Belastung erst gewöhnen. Wer jetzt zu schnell auf hun­dert Prozent kommen will, ris­kiert damit gleich zu Beginn der neuen Saison einen Infekt oder Verletzungen. Gerade im Aus­dauersport, wo Anpassungen über Jahre hinweg geschehen, ist es wichtig, geduldig zu blei­ben. Versuche nicht, bereits in den ersten zwei Wochen nach Trainingsbeginn auf das Aus­gangsniveau vor der Saison­pause zurückzukehren. Dass ein Effekt des Detrainings vor­handen ist, ist ganz normal und sollte dir keine großen Sorgen bereiten. Freue dich darüber, das letzte Jahr gut überstanden und dir anschließend Ruhe ge­gönnt zu haben. Es passiert sehr schnell, sich in einer „Ich muss mehr tun“­ Mentalität zu verfangen. Erinnere dich je­den Tag daran, dass du stärker wirst. Wenn du dich von Woche zu Woche leicht steigerst, kannst du deine Fortschritte aufrechterhalten und Verlet­zungen vermeiden.

Nach den ersten Einheiten merkst du bereits, dass die Fit­ness zurückkommt und auch das Training von Tag zu Tag mehr Spaß macht. Gerade dann ist es wichtig, nicht zu viel zu tun. Muskeln, Sehnen, Bänder und Knochen müssen sich an die größere Belastung gewöh­nen. Erhöhe deine Umfänge lieber leicht, dafür kontinuier­lich. Für das Laufen etwa gilt der Richtwert von maximal zehn Prozent Distanzsteige­rung pro Woche. Nur so kann die Anpassung und Erholung des Bewegungsapparats und des Herz­-Kreislauf­-Systems gewährleistet werden, ohne unnötige Verletzungsrisiken einzugehen.

Mut zur Lücke

Beim Training für eine Lang­distanz fallen im Agegroup­bereich oft 15 bis 20 Stunden an sportlicher Belastung in der Wo­che an, zusätzlich zu Alltag und Arbeit. Hier ist es besonders wichtig, neben der hohen tägli­chen Beanspruchung nach dem Sport auf Erholungszeiten zu achten. Wird es mal stressig und du schaffst es nicht, alle Einhei­ten in deinem Trainingsplan zu absolvieren, sind nicht Hopfen und Malz verloren. Ein gutes Ziel ist es, 75 bis 85 Prozent der geplanten Einheiten in einer Woche durchzuführen. Auch hier gilt: Qualität vor Quan­tität. Lege schon vor deiner Trainingswoche deine Schlüs­seleinheiten fest und plane den Rest drumherum. So schaffst du es, möglichst zielorientiert zu trainieren und dich von dem Gedanken zu lösen, alle Einhei­ten absolvieren zu müssen. Das Kürzen von Einheiten kann hier ebenfalls helfen. Bleibt einmal weniger Freiraum zum Trainie­ren, ist dies eine gute Gelegen­heit, sich über einen kleinen Lauf oder eine kurze Rollen­ausfahrt zu freuen, anstatt die geplante längere Einheit ausge­lassen zu haben.

Calories in, calories out

Wer viel trainiert, muss viel essen. Das weiß auch Ironman­-Weltmeister Gustav Iden, dessen Aussage „calories in, calories out“ nach seinem Sieg in Kailua­-Kona ein Sinnbild für die Ernährung im Triathlon ist. Denn nur wer täglich seinen Kalorienbedarf deckt, kann auch langfristig komplikationslos trainieren. Durch die hohe Belastung des Trainierens von drei Sport­arten und vielen Stunden im ganzen Jahr ist der Energie­verbrauch bei Triathleten stets sehr hoch. Selbstverständlich sollte darauf geachtet werden, besonders nach harten Einhei­ten die Kohlenhydratspeicher schnellstmöglich wieder auf­zufüllen sowie ausreichend Eiweiß pro Kilogramm Körper­ gewicht zuzuführen, um sowohl Muskelerhalt als auch ­-aufbau zu gewährleisten. Eine allgemei­ne Deckung des Tagesumsatzes ist das A und O für eine stetige Leistungsentwicklung.

Denn geschieht diese nicht, kommt es zu einer geringen Energieverfügbarkeit, der sogenannten Low Energy Availability (LEA). Wird mehr Energie benötigt als zugeführt, bleiben nach dem Training oft kaum noch Kapazitä­ten frei, um die nor­malen Körperfunktio­nen zu unterstützen. Daraus resultieren negative Einflüsse auf die Leistungsfähigkeit, Trainingsanpassungen, Konzentration und Ko­ordination, die als Folge des sogenannten Rela­tive Energy Deficiency Syndrome (RED­S) auf­treten können. Durch ein dauerhaftes Kalo­riendefizit gerät der gesamte Hormonhaus­halt durcheinander und es treten Mangelerscheinungen auf. Besonders Schilddrüsen­ und Sexualhormone sowie der Eisenstoffwechsel sind betrof­fen. Ermüdungsbrüche können begünstigt werden. Regenera­tion und Muskelwachstum ver­schlechtern sich. Depressionen können folgen.

Motivation durch Ziele

Gerade im Winter fällt es wegen der Dunkelheit und niedriger Temperaturen oft schwer, sich zum Training zu motivieren. Das Grundlagentraining macht es einem durch seine Eintönigkeit nicht unbe­dingt leichter. Hier ist es wich­tig, das alltägliche Training zur Gewohnheit werden zu lassen, auch wenn dies schwerfällt. Es kann beispielsweise helfen, die Sportkleidung sofort nach dem Aufstehen oder dem Nachhau­sekommen anzuziehen. Da­durch sinkt die Tendenz, sich für die Couch oder die bequeme Jogginghose zu entscheiden. Finde ein Trainingsziel, dass dich dazu motiviert, jeden Tag an dir zu arbeiten. Dies kann sowohl die Verbesserung einer bestimmten Technik als auch ein Wettkampf sein.

Wenn du all diese Tipps be­rücksichtigst, steht dem kon­stanten Training nichts mehr im Weg. Höre auf deinen Kör­per und erlaube dir genug Frei­raum für Erholung. Dann klappt es mit einer neuen Best­zeit im nächsten Jahr.

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